Wie oben bereits angedeutet, führen die unterschiedlichen Maßstäbe der §§ 107 und 1822 BGB bei konsequenter Anwendung zu dem scheinbar widersprüchlichen Ergebnis, dass ein beschränkt geschäftsfähiger Minderjähriger ein Geschäft selbst vornehmen kann, für das seine Eltern oder ein Ergänzungspfleger einer familiengerichtlichen Genehmigung bedürften. Der Minderjährige dürfte beispielsweise den Schenkungs- und Übertragungsvertrag über voll eingezahlte Anteile an einer (ein Erwerbsgeschäft betreibenden[65]) KG selbst abschließen, wenn sein Eintritt als Kommanditist aufschiebend auf seine Eintragung im Handelsregister bedingt ist und der ausscheidende Gesellschafter keine Abfindung erhält. Für dasselbe Geschäft bedürften die Eltern des Minderjährigen aber der Genehmigung des Familiengerichts, weil Gegenstand der Gesellschaft ein Erwerbsgeschäft ist.

Die Forderung nach einer teleologischen Reduktion[66] ist vor dem Hintergrund dieser Gesamtschau nachvollziehbar aber aufgrund der oben dargelegten unterschiedlichen Maßstäbe und Schutzzwecke der Vorschriften nicht angebracht. Der Reformgesetzgeber hat zudem mit der Aufnahme des unentgeltlichen Erwerbs eines Erwerbsgeschäfts oder eines Gesellschaftsanteils in den Genehmigungskatalog des § 1852 Nr. 1 BGB n.F. einer teleologischen Reduktion der Vorschrift den Boden entzogen.

[65] Dass es auf den Gesellschaftszweck nach hiesiger Ansicht nicht ankommen dürfte, ist oben unter B.I.1.c) ausgeführt.
[66] Menzel, MittBayNot 2020, 272,273; Egger, MittBayNot 2019, 135, 137; für eine "Einschränkung des Anwendungsbereichs" Bock, DNotZ 2020, 643, 650.

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