Der Nachlass bestand aus Bankguthaben bei der örtlichen Sparkasse sowie aus einem Hausgrundstück und diversen landwirtschaftlich genutzten Flächen, die größtenteils an den Sohn einer Miterbin bereits seit Längerem verpachtet waren. Bestehende Geldanlagen wurden per Beschlussfassung aufgelöst, das gesamte Geldvermögen auf dem Nachlasskonto bei der Sparkasse, das nach wie vor existierte, zusammengezogen.

Aus Kostengründen lehnten es etliche Miterben ab, einen Makler mit der Veräußerung des Immobilienvermögens zu beauftragen. Vielmehr sollte unter Interessenten ein Bieterverfahren durchgeführt werden. Dazu muss man wissen, dass sich der Erbfall im ländlichen Raum abspielte. Es gab genügend Interessenten, die schon lange auf die Möglichkeit gewartet hatten, Teile des Nachlasses zu erwerben. Diesen Umstand nutzten wir geschickt, indem wir sie kontaktierten und um ein konkretes Angebot ersuchten. Wir erstellten eine Liste, aus der sich ergab, wer welches Grundstück zu welchem Preis erwerben wollte. Für einige Grundstücke gab es mehrere Interessenten. Auf Wunsch der Miterben vereinbarten mein Mandant und ich einen Termin mit den drei jeweils Meistbietenden und erreichten tatsächlich, dass sich in dem Termin die Kaufangebote nochmals erhöhten, weil die Interessenten gegenseitig den Preis in die Höhe trieben.

Wir informierten die jeweils Meistbietenden und ließen vom örtlichen Notar Entwürfe für den jeweiligen Kaufvertrag fertigen. Zuvor hatten wir eine Beschlussfassung in der Erbenversammlung über die Person eines jeden Käufers und der Konditionen für jedes Grundstück herbeigeführt.

Auch der Abschluss der Kaufverträge verzögerte sich durch die Corona-Pandemie. Im Sommer des Jahres 2020 war klar, dass mit dem Vertragsschluss nicht länger gewartet werden konnte. Insbesondere die Erwerber des Hausgrundstücks drängten massiv, da sie bereits Bereitstellungszinsen für den aufgenommenen Kredit bezahlen mussten. Also organisierten wir in Absprache mit dem Notar die Beurkundung nicht im Notariat, sondern in meiner Kanzlei. Meine Räume verfügen noch aus ihrer Zeit als Gaststätte über einen Saal, der ausreichend Platz für alle an der Beurkundung Beteiligten bot. Wir bestuhlten den Saal nach geltenden Abstandsregeln, hatten während der gesamten Beurkundung alle Fenster geöffnet – an einem warmen Sommertag, also halb so tragisch – und beurkundeten einen ganzen Vormittag lang einen Kaufvertrag nach dem anderen, insgesamt sechs Verträge. In diesem Saal fanden dann auch die weiteren Erbenversammlungen statt.

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