Entscheidend ist daher zunächst, ob die Ehegatten den Pflichtteilsverzichtsvertrag auch dann geschlossen hätten, wenn sie von der Nichtigkeit ihrer ehevertraglichen Vereinbarungen gewusst hätten.

In diesem Rahmen ist zu beachten, dass Ehevertrag und Pflichtteilsverzichtsvertrag grundsätzlich auf unterschiedlichen funktionalen Ebenen stehen. Während Erstgenannter – jedenfalls in erster Linie[13] – auf die Regelung der Ehelösung durch Scheidung zielt, soll der zweite Vorsorge für den Fall der Beendigung der Ehe durch Tod treffen; er wird gerade für den Fall abgeschlossen, dass es nicht zur Scheidung kommt. Der Pflichtteilsverzichtsvertrag wird daher nach dem hypothetischen Willen der Parteien regelmäßig unabhängig von dem Bestand der ehevertraglichen Abreden gelten sollen.[14] Die Annahme eines dahingehenden hypothetischen Parteiwillens wird auch durch eine weitere Überlegung gestützt. Häufig wird die Motivation für den Abschluss einer umfassenden Gesamtvereinbarung zwischen Ehegatten darin liegen, den wirtschaftlich schwächeren Ehegatten von der Teilhabe am Vermögen des stärkeren bei Beendigung der Ehe weitestgehend auszuschließen.[15] Da dieses Ziel bei Nichtigkeit der ehevertraglichen Regelungen durch den Bestand des Pflichtteilsverzichts nun aber zumindest noch teilweise erreicht werden kann, wird der hypothetische Parteiwille auch aus diesem Grunde häufig dahin gehen, den Pflichtteilsverzicht unabhängig von der Nichtigkeit des Ehevertrags aufrecht zu erhalten.

[13] Etwas anderes kann hinsichtlich des Zugewinnausgleichanspruchs gelten.
[14] So Muscheler, in FS Spiegelberger, S. 1079, 1085; Münch, ZEV 2008, 571, 577; MüKo-BGB/Wegerhoff, § 2346 Rn 37.
[15] Vgl. Wiemer, Inhaltskontrolle von Eheverträgen, Diss. 2007, S. 163.

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