Bescheid über die Festsetzung von Hinterziehungszinsen sind verfahrensrechtlich Steuerbescheide, die Formvorschriften für Steuerbescheide gelten entsprechend. Es gilt eine besondere Festsetzungsfrist; sie beträgt nach § 239 Abs. 1 Satz 1 AO ein Jahr. Der Beginn der Festsetzungsfrist ist vom Ablauf des Jahres abhängig, in dem die hinterzogenen Steuern unanfechtbar geworden sind, nicht aber vor Ablauf des Jahres des rechtskräftigen Abschlusses des Strafverfahrens.[33] Die Festsetzungsfrist läuft mit Ablauf des dem Beginn folgenden Jahres ab.[34] Im Zinsbescheid sind die Voraussetzungen der Steuerhinterziehung, Höhe und Umfang der hinterzogenen Steuern selbstständig, d. h. unabhängig von einem ergangenen Steuerbescheid, zu ermitteln und zu berechnen. Hinterziehungszinsen sind für jeden Besteuerungszeitraum (Veranlagungszeitraum, Voranmeldungszeitraum) oder Besteuerungszeitpunkt gesondert zu berechnen. Einzelne, aufeinanderfolgende Steuerhinterziehungen sind nicht als eine Tat zu würdigen, sondern als selbständige Taten zu behandeln. Das gilt auch, wenn das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen nach § 162 AO geschätzt hat. Die Zinsberechnung ist im Bescheid oder einer Anlage dazu darzulegen, insb. wenn mehrere Steuern und oder mehrere Zeiträume betroffen sind. Grds. sind zur Abwehr von Hinterziehungszinsen entsprechend die ordnungsgemäße Bekanntgabe, Adressierung, Bezeichnung des Inhaltsadressaten usw., Begründung mit Darstellung der Zinsberechnung, Einhaltung der Festsetzungsfrist (§ 239 Abs. 1 AO mit Sonderregelung in § 239 Abs. 1 Nr. 3 AO) und im Fall von Änderungen die Einhaltung der Korrekturvorschriften kritisch zu überprüfen. Die Grundlagen für eine Festsetzung von Zinsen nach § 235 AO sind gesondert festzustellen, soweit diese an Sachverhalte anknüpfen, die Gegenstand des Grundlagenbescheids sind.[35] Insofern sind derartige Feststellungsbescheide Grundlagenbescheide iSd § 171 Abs. 10 AO zum Zinsfestsetzungsbescheid. Derartige Feststellungen sind nicht (mehr) im Rahmen des Zinsfestsetzungsbescheides anfechtbar!

[33] Nähere Kommentierungen des § 239 AO, z. B. Rüsken in Klein, AO § 239 Rn 6 (2018); BFH v. 24.8.2001, VI R 42/94, BStBl. 2001 II, 782.
[34] Nach BFH v. 16.1.2019, X R 30/17, BFH/NV 2019, 606 wird die für Folgebescheide geltende Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 10 Satz 1 AO im Verhältnis vom Steuerbescheid zum Zinsbescheid gem. § 233a AO durch die speziellen Regelungen in § 239 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 AO verdrängt.
[35] Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens v. 18.7.2016 (BGBl I 2016, 1679) ist § 239 AO mit Wirkung ab dem 1.1.2017 um einen Abs. 3 entspr. ergänzt worden.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge