Angesichts der allgemeinen Rechtsunsicherheit und der Unwägbarkeiten des gesetzlichen Wahlrechts sollten Vermögensübertragungen zu Lebzeiten im allgemeinen nur bei Vereinbarung einer individuellen Steuerklausel vorgenommen werden. Auf der Grundlage des vertraglich vereinbarten Wahlrechts können die Beteiligten dann im Einzelfall in Ruhe überlegen, wie sie auf die derzeit kaum vorherzusehenden Entwicklungen in Gesetzgebung und Finanzverwaltung reagieren möchten.

Der Gesetzgeber hat zwar wiederholt erklärt, dass er ein solches "Rosinenpicken" verhindern möchte. Allerdings gilt die entsprechende "Abwehrklausel" (§ 37 Abs. 3 ErbStG-E) nicht für Vermögensübertragungen, die jetzt vorgenommen werden. Die Vergünstigungen für unternehmerisches Vermögen finden nach dem Gesetzeswortlaut keine Anwendung, wenn das Vermögen vor dem 1.1.2011 erworben wird, bereits Gegenstand einer "vor" dem 1.1.2007 ausgeführten Schenkung zwischen denselben Personen war, und wegen eines vertraglichen Rückforderungsrechts nach dem 11.11.2005 herausgegeben werden musste (siehe § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Die Regelung gilt somit nicht für Schenkungen, die nach dem 1.1.2007 (d. h. zum Beispiel heute) ausgeführt worden sind bzw. werden. In diesen Fällen ist eine steuerfreie Rückübertragung (nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, vorbehaltlich § 29 Abs. 2 ErbStG) und erneute (steuerbegünstigte) Schenkung möglich. In der Vereinbarung eines solchen vertraglichen Rückforderungsrechts ist auch kein Gestaltungsmissbrauch zu sehen (§ 42 AO[37]), da der Steuerpflichtige damit nur auf die Unwägbarkeiten des Gesetzgebungsverfahrens reagiert und so zumindest mittelbar eine gewisse Rechtssicherheit für sich schafft.

Die geplante Neuregelung gilt zudem nur für unternehmerisches Vermögen. Für die Übertragung von privatem Vermögen sind vertragliche Rückforderungsrechte daher uneingeschränkt möglich und empfehlenswert.

Mit einer individuellen Steuerklausel sind die Beteiligten zudem für den (zwar unwahrscheinlichen, aber doch nicht ganz auszuschließenden) Fall vorbereitet, dass die Erbschaft- und Schenkungsteuer auch in Deutschland ganz auslaufen sollte.

[37] § 42 AO wurde durch das Jahressteuergesetz 2008 (BGBl I 2007, 3150 = BStBl I 2008, 218) neu gefasst, wobei sich in der Sache nicht viel geändert hat. Siehe dazu auch den Beitrag von Mack/Wollweber, DStR 2008, 182, mit dem treffenden Titel "§ 42 AO – Viel Lärm um nichts?".

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