1.1 Zur Insolvenzmasse zählt das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung gehört. Ebenfalls zur Insolvenzmasse gehört Vermögen, das der Schuldner während des Verfahrens erwirbt, § 35 Abs. 1. Das Vermögen umfasst Mobilien und Immobilien, dingliche Rechte daran, Forderungen und Anwartschaften. Bei Unternehmen gehören Kundenstamm und Goodwill ebenfalls dazu. Auch im Ausland belegenes Vermögen wird erfasst.[32]

1.2 Unpfändbare Gegenstände gehören nicht zur Insolvenzmasse, § 36 Abs. 1. Dazu zählen in erster Linie unpfändbare Sachen gemäß § 811 ZPO (Ausnahmen: § 36 Abs. 2 Nr. 2) sowie unpfändbare Forderungen nach den §§ 850 ff ZPO. Von besonderem erbrechtlichem Interesse ist die beschränkte Pfändbarkeit der Ansprüche auf den Pflichtteil, Rückgabe eines Geschenks nach § 528 BGB und Zugewinnausgleich: Nach § 852 ZPO sind diese Forderungen nur pfändbar, wenn sie durch Vertrag anerkannt oder aber rechtshängig geworden sind. Unter den gleichen Voraussetzungen gehören sie zur Insolvenzmasse. Dagegen ist ein Schmerzensgeldanspruch stets pfändbar[33] und somit Bestandteil der Insolvenzmasse.

1.3 Schuldnerfremde Gegenstände gehören nicht zur Masse. Sie können vom Berechtigten ausgesondert werden. Aussonderungsfähig sind nicht nur Sachen, sondern auch Rechte. Mit der dinglich wirkenden Abtretung scheidet eine Forderung aus dem Vermögen aus. Der Zessionar kann sie deshalb aussondern (§ 47). Im Streitfall kann der Zessionar vor dem ordentlichen Gericht auf Feststellung seines Gläubigerrechts klagen.

1.4 Eine Sonderstellung nehmen Forderungen aus Lebensversicherungsverträgen ein. Hat der insolvente Versicherungsnehmer einem Dritten ein widerrufliches Bezugsrecht eingeräumt, fällt der Anspruch auf den Rückkaufswert in die Insolvenzmasse.[34] Bei unwiderruflicher Bezugsberechtigung fällt der Anspruch hingegen nicht in die Masse.[35] In jedem Fall hat der Insolvenzverwalter gegenüber dem Versicherungsunternehmen sämtliche Auskunftsrechte wie der Erbe des Versicherungsnehmers.[36]

1.5 Der Schuldner kann während des Insolvenzverfahrens selbst Erbe werden.

(a) Wird der Schuldner Miterbe, fällt sein Anteil gemäß § 859 Abs. 2 ZPO in die Masse. Findet sich kein Erbteilskäufer und sind die Miterben nicht zur Abschichtung des Erbteils bereit, muss der Insolvenzverwalter in der praktischen Konsequenz die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft betreiben. Das Auseinandersetzungsguthaben ist der Masse zuzuführen. Ein letztwillig verfügtes Auseinandersetzungsverbot nach § 2044 BGB entfaltet wegen § 84 Abs. 2 Satz 2 im Insolvenzfall eines Miterben keine Wirkung. Das Gleiche gilt, wenn Miteigentümer von Grundbesitz das Recht zur Aufhebung der Gemeinschaft ausgeschlossen haben, und zwar selbst bei Eintragung dieses Ausschlusses im Grundbuch, § 84 Abs. 2 Satz 1.

(b) Ob der Schuldner überhaupt erbt, hängt auch beim eröffneten Insolvenzverfahren über sein Vermögen ausschließlich von seiner eigenen Entscheidung ab: Das Ausschlagungsrecht geht nicht auf den Insolvenzverwalter über, § 83.[37] Schlägt der Schuldner eine Erbschaft dagegen nicht aus, fällt sie grundsätzlich voll in die Masse.

(c) Eine Ausnahme hiervon gilt bei der Restschuldbefreiung: Wurde sie im Verfahren bereits angekündigt, fällt nur die Hälfte des von Todes wegen erworbenen Vermögens in die Masse § 295 Abs. 1 Nr. 2.[38]

[32] Lwowski/Peters, in: MüKo zur InsO, § 35 Rn 36.
[33] Zöller/Stöber, ZPO, 28. Auflage 2010, § 829 Rn 33.
[35] OLG Hamm, NJW-RR 1993, 42.
[36] OLG Saarbrücken, ZEV 2010, 420; Jünemann, ZErb 2010, 342.
[37] Zur Frage der Sittenwidrigkeit unter Berücksichtigung sozialhilferechtlicher Aspekte OLG Hamm, FGPrax 2009, 265; LG Aachen, ZEV 2005, 120.
[38] Die Vorschrift gilt nicht für das Bezugsrecht aus einer Lebensversicherung: Die Versicherungssumme fällt voll in den Nachlass, Ehricke, in: MüKo zur InsO, § 295 Rn 50.

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