Zwei Vorhaben der Bundesregierung waren Ende März Gegenstand von Expertenanhörungen im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages: Der verstärkte Einsatz von Videoaufzeichnungen polizeilicher Vernehmungen und die Erweiterung der Medienöffentlichkeit in Gerichtsverfahren. Beide Vorhaben wurden von den Fachleuten überwiegend befürwortet, es gab jedoch auch kritische Stimmen.

So warnte ein Richter am Landgericht München davor, die Videoaufzeichnung bei polizeilichen Vernehmungen vorzuschreiben. Man solle es stattdessen ins Ermessen der Vernehmungspersonen stellen, ob und wann sie eingesetzt wird. Bei der Vernehmung von Beschuldigten könne eine Videoaufzeichnung deren Recht, sich nicht selbst zu belasten, einschränken, gab er zu bedenken. Das unterscheide sie von Zeugenvernehmungen. Mit der Videoaufzeichnung produziere der Beschuldigte ein zusätzliches Beweismittel und schränke damit seine Verteidigungsmöglichkeiten ein. Auch dem Ziel der Verfahrensbeschleunigung sei nicht gedient, da das Sichten von Videos sehr viel mehr Zeit beanspruche als das Lesen eines Vernehmungsprotokolls, in dem "zum Teil stundenlange Vernehmungen auf die wesentlichen Aussagen kondensiert" würden.

Das andere Gesetzesvorhaben – Medienübertragungen aus den Gerichtsverhandlungen – wurde von zwei Experten kritisiert. Ein Rechtswissenschaftler erläuterte seine Auffassung, dass solche Übertragungen allein der Unterhaltung und dem Zeitvertreib dienten und keinerlei Nutzen brächten. Dem pflichtete ein Vertreter der Presse bei: Der Entwurf sei dem Zeitgeist geschuldet und referiere "völlig unkritisch" den Medienwandel. Wichtiger als die schnelle Berichterstattung sei die Auslegung und Einordnung von Urteilen. Zudem bestehe die Gefahr, dass volksnäher geredet und populärer geurteilt werde.

Die große Mehrheit der Experten befürwortete jedoch beide Vorhaben der Bundesregierung. Sie bewerteten die Vorteile der geplanten Änderungen höher als etwaige Nachteile für die Rechte der Verfahrensbeteiligten.

[Quelle: Bundestag]

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