Zu Rechtsgrundlagen und Systematik des bußgeldrechtlichen Fahrverbots wird hingewiesen auf Deutscher, in: Burhoff, Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 4. Aufl. 2015, Rn. 1461 ff., 1721 ff.

 

Hinweis:

Übersicht zur Entwicklung des Fahrverbots im Jahr 2014 bei Deutscher NZV 2015, Heft 4.

a) Ein starker Stuhldrang lässt die Regelwirkung bei einem einschlägigen Geschwindigkeitsverstoß wegen einer notstandsähnlichen Lage nicht entfallen, wenn der Betroffene bereits vor der Messstelle dieses Problem wahrgenommen hatte (AG Lüdinghausen NZV 2014, 481 = DAR 2014, 217 = VRR 2014, 196 [Deutscher]).

b) Zunehmend verneinen die Tatgerichte die Erforderlichkeit des Fahrverbots zur erzieherischen Einwirkung auf den Betroffenen, wenn er eine verkehrspsychologische Schulung absolviert hat (AG Landstuhl VRR 2014, 475 [Deutscher] für MobilPlus des TÜV Süd). Die Erforderlichkeit kann auch bei längerem Zeitablauf zwischen Tat und Ahndung entfallen, wobei die Rechtsprechung einen Richtwert (nicht: verbindlichen Grenzwert) von zwei Jahren annimmt. Das OLG Zweibrücken (NZV 2014, 479 m. Anm. Bergenroth) will sogar einen Zeitablauf von einem Jahr und acht Monaten genügen lassen.

c) Berufliche Nachteile des Fahrverbots muss der Betroffene als typische, selbst verschuldete Folge des Fahrverbots hinnehmen. Unzumutbar ist aber ein konkret drohender Arbeitsplatzverlust bei Arbeitnehmern oder eine Existenzgefährdung bei Selbstständigen. Das kann der Fall sein bei einem alleingeschäftsführenden Gesellschafter einer GmbH, der das Fahrverbot nicht durch Fahrer aus dem Betrieb oder dritte Fahrer überbrücken kann (AG Lüdinghausen VRR 2014, 476 [Deutscher]).

d) Zur Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes können bestimmte Fahrzeugarten (nicht: bestimmte Fahrzeuge) vom Fahrverbot ausgenommen werden (§ 25 Abs. 1 StVG). Fahrzeuge der Fahrerlaubnisklassen D1, D, D1 E, DE können unter die Ausnahme fallen, wenn der Betroffene als Busfahrer die Anlasstat mit einem Privat-Pkw begangen hat (AG Lüdinghausen NStZ-RR 2015, 26 = VRR 2/2015, 16 [Deutscher]).

e) In einem Bußgeldverfahren wegen Geschwindigkeitsüberschreitung hat der Betroffene gerichtlich angeordnete Maßnahmen zu seiner Identifizierung als Fahrer zumindest dann zu dulden, wenn die Verhängung eines Fahrverbots im Raum steht. Die Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung des Betroffenen durch die Polizei außerhalb der Hauptverhandlung ist jedoch unverhältnismäßig, sofern ein anthropologischer Sachverständiger in der Lage ist, ein Vergleichsbild des Betroffenen zur Erstellung seines Identitätsgutachtens im Rahmen des Hauptverhandlungstermins zu fertigen und sogleich auszuwerten. Die Unverhältnismäßigkeit des Eingriffs führt nicht zu einem Beweisverwertungsverbot, sofern der gerichtlichen Anordnung nicht Willkür oder eine grobe Verkennung der Rechtslage zugrunde liegen (so OLG Stuttgart NJW 2014, 3590 m. Anm. Fikentscher = VRR 2014, 396 [Deutscher]; zu Zwangsmaßnahmen zur Fahreridentifizierung in Speditionen Fromm VRR 2014, 455)

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