Die Mietpreisbremse ist besser als ihr Ruf, kann das Wohnungsmarktproblem aber nicht allein lösen. Das ist das Fazit einer Untersuchung durch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), deren Ergebnisse kürzlich vorgelegt wurden. Die Studie liefert neue Erkenntnisse zur Frage, wo die Mietpreisbremse wirkt und wo die Politik die Anreize für Wohnungsbau weiter erhöhen sollte.

Nach den Ergebnissen der Forscher kann die Mietpreisbremse in ihrer bisherigen Form nur dann wirken, wenn die Neuvertragsmieten in einer Region in den vier Jahren vor der Einführung im Durchschnitt um mindestens 3,9 % pro Jahr gestiegen sind. Das zeigten aktuelle Berechnungen des DIW sowie auch der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Hintergrund sei die konkrete Ausgestaltung der Mietpreisbremse, die derzeit in 313 von rund 11.000 Städten und Gemeinden in Deutschland gilt, in denen etwa ein Viertel der Bevölkerung lebe. Der Maßstab für die maximal zulässige Neuvertragsmiete sei die ortsübliche Vergleichsmiete, die als Durchschnittswert auf Basis abgeschlossener Mietverträge aus den vorangegangenen vier Jahren berechnet werde, zuzüglich 10 %. Dieser Spielraum zur Mieterhöhung auf Seiten der Vermieter sorge dafür, dass die Regulierung rein rechnerisch erst ab der 3,9 %-Schwelle greifen könne, so die Studienautoren.

Die Mietpreisbremse greift nur in bestimmten Regionen mit besonders starken Mietanstiegen und erreicht damit nur kleine Teile der Bevölkerung. Das heißt jedoch nicht, dass die Mietpreisbremse grundsätzlich eine Fehlkonstruktion ist – dort wo sie wirken kann, tut sie es auch“, erläuterte DIW-Immobilienökonom Claus Michelsen, der die Studie gemeinsam mit Konstantin Kholodilin vom DIW Berlin und Andreas Mense von der Uni Erlangen-Nürnberg erstellt hat. Man müsse sich genau anschauen, wo überhaupt die Voraussetzungen erfüllt sind, damit die Regulierung greifen kann.

In solchen Regionen wirke die Mietpreisbremse sehr wohl und dämpfe den Anstieg der Mieten dauerhaft. In Gegenden, in denen die Neuvertragsmieten für bestehende Wohnungen zuvor jährlich um mehr als 4,8 % kletterten, gingen die Mieten mit Einführung der Mietpreisbremse im Durchschnitt sogar einmalig um rund 3 % zurück – beispielsweise in Teilen von Berlin-Mitte und -Neukölln, München-Laim und -Schwabing, im Stuttgarter Heusteigviertel oder im Innenstadtbereich von Bielefeld. Die Mietpreisbremse wirkt in Regionen, in denen die Mieten zuvor stark gestiegen sind, und ist unter dem Strich besser als ihr Ruf – die Erwartungen waren vielerorts schlicht zu hoch“, so Andreas Mense.

Bisherige Studien deuteten darauf hin, dass sich der Anstieg der Mieten seit Einführung der Mietpreisbremse im Juni 2015 insgesamt nicht spürbar verlangsamt habe, so die Autoren. Dieses Ergebnis sei weiterhin gültig. Die aktuelle Studie sei aufgrund ihres Untersuchungsdesigns jedoch weitaus differenzierter und könne erstmals jene Regionen, in denen die Mietpreisbremse gelte und tatsächlich auch wirke, von jenen Regionen trennen, in denen das nicht der Fall sei.

Dafür haben die drei Studienautoren über 200.000 Mietinserate von Online-Plattformen ausgewertet und auf der Ebene von Postleitzahlbezirken regulierte und unregulierte Wohnungen verglichen, die eine ähnliche Lage und Qualität haben. Dabei zeigte sich auch, dass die Mieten für neu gebaute Wohnungen, die nicht unter die Mietpreisbremse fallen, deutlich schneller steigen als früher. Nach Ansicht von Michelsen, Mense und Kholodilin dürfte das – entgegen der Einschätzung vieler Kritiker der Mietpreisbremse – dazu führen, dass langfristig mehr neue Wohnungen gebaut werden.

Die Autoren warnen jedoch davor, in der Mietpreisbremse die alleinige Lösung des Wohnungsmarktproblems zu sehen. Noch immer steige die Nachfrage nach Wohnraum in vielen Städten und Ballungszentren schneller, als neue Wohnungen gebaut würden. Eine Preisregulierung könne höchstens Zeit verschaffen und die Mieten so lange im Zaum halten, bis sich die Lage am Wohnungsmarkt entspannt habe. Daran, dass die Politik noch mehr Anreize für den Neubau von Wohnungen setzen muss, führt jedoch kein Weg vorbei“, betont der DIW-Ökonom Konstantin Kholodilin.

So könnten die Kommunen etwa mehr Flächen für den Wohnungsbau aktivieren, auch mithilfe einer Reform der Grundsteuer, die Grundstücksbesitzer nicht länger stärker belaste, wenn sie neue Gebäude bauten oder bestehende aufstockten. Die sog. Nachverdichtung auf bereits erschlossenen Grundstücken böte die Möglichkeit, schnell und vergleichsweise günstig Wohnraum zu schaffen, da nicht erst teure Baugrundstücke erworben werden müssten. Zudem wären öffentliche Zuschüsse denkbar, um mögliche Eigenkapitalengpässe bei Investoren abzumildern.

[Quelle: DIW]

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