Die vom Bundesjustizminister als „Meilenstein“ gefeierten Vorschriften sind zuvorderst auf die Interessen des Verletzten ausgerichtet. Ziel ist es insbesondere, seine individuelle Belastung zu reduzieren und eine Sekundärviktimisierung zu vermeiden, § 2 Abs. 1 S. 2 PsychPbG. Zudem soll ein erheblicher Nutzen für die Justiz erzielt werden, da die Aussagetüchtigkeit der Zeugen durch ihre Stabilisierung bei psychosozialer Prozessbegleitung erheblich steige (BT-Drucks 18/4621, S. 30).

Der Beschuldigte/Angeklagte hingegen wird den „Meilenstein“ mit eher ungutem Gefühl betrachten. Es scheint sich das Kräfteverhältnis im Verfahren zu verschieben, wenn sich der (mutmaßlich!) Geschädigte – unter den Voraussetzungen des § 406g Abs. 3 StPO sogar kostenfrei – zusätzlicher Unterstützung bedienen kann, während sich der Angeklagte mit dem von ihm in aller Regel als Gegenspieler empfundenen Staatsanwalt, dem Nebenklägervertreter und dem psychosozialen Prozessbegleiter einer zahlenmäßigen Übermacht ausgesetzt sieht.

Zudem wird in der Praxis nicht zu Unrecht die Gefahr der unbewussten Einflussnahme auf das Aussageverhalten der begleiteten Opferzeugen gesehen (so z.B. der DAV in seiner Stellungnahme 51/2016 zum BWPsychPbGAG). Schlussendlich führen die Regelungen auch zu einer Erhöhung des Kostenrisikos für den Angeklagten.

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