Bei der Höhe der Entschädigung ist das BSG einer Begrenzung auf den Streitwert entgegengetreten: Auch bei Verfahren mit niedrigen Streitwerten (konkret: 216 EUR) ist i.d.R. vom Regelbetrag von 100 EUR pro Kalendermonat der Verzögerung (konkret: 1.900 EUR) auszugehen (BSG, Urt. v. 12.2.2015 – B 10 ÜG 11/13 R).

Auch das "Vertrösten" auf eine Wiedergutmachung auf andere Weise als Entschädigungszahlung ist nicht mehr so oft gangbar. Sie kommt insbesondere dann nicht in Betracht, wenn die Verletzung des Rechtsschutzanspruchs auf einer strukturellen Überlastung der Justiz beruht und sich darin eine generelle Vernachlässigung des Anspruchs aus Art 6 EMRK und Art 19 Abs. 4 GG ausdrückt (BSG, Urt. v. 12.2.2015 – B 10 ÜG 7/14 R), welche das BSG in Mecklenburg-Vorpommern ausgemacht zu haben scheint.

Strenger ist das BSG bei der Zuerkennung materiellen Schadensersatzes. Voraussetzung ist stets, dass der materielle Nachteil adäquat kausal gerade auf der Überlänge beruht. Da das im konkreten Fall nicht vorgelegen haben soll – die Klägerin machte als Verzögerungsschaden einen Schaden geltend, den sie nach (allerdings hinsichtlich der Höhe zweifelhafter) Auffassung des BSG auch bei rechtzeitiger Entscheidung gehabt hätte – ließ das BSG offen, ob die de lege lata bestehende Verschuldensabhängigkeit eines solchen Schadensersatzes (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) durch konventionskonforme Auslegung erreicht werden kann oder muss (BSG, Urt. v. 5.5.2015 – B 10 ÜG 5/14 R).

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