Zusammenfassung

Hinweis:

Der zweiteilige Beitrag befasst sich mit den Fallstricken bei der Mieterhöhung, die im mietrechtlichen Mandat zu umgehen sind. Der Verfasser erläutert in diesem Beitrag (Teil 1) die einzelnen rechtlichen Voraussetzungen der Mieterhöhung nach §§ 558-558e BGB anhand des aktuellen Rechtsprechungs- und Literaturstands. In Teil 2 (demnächst in ZAP 2023) bildet die Mieterhöhung nach durchgeführter Modernisierung den Beitragsschwerpunkt.

I. Vorbemerkung

Im Bereich des Wohnraummietrechts stellt die Möglichkeit einer Mieterhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete einen echten Schwerpunkt dar, welcher auch in gleichbleibend hohen Fallzahlen streitig vor den Amtsgerichten verhandelt wird. In vielen Gemeinden existieren zudem qualifizierte Mietspiegel, die alle zwei Jahre erneuert werden und welche die ortsübliche Vergleichsmiete in der jeweiligen Gemeinde vermutet (vgl. § 558d Abs. 3 BGB). Auch das führt oft zu Streitigkeiten zwischen den Mietparteien.

II. Allgemeiner Überblick

§ 558 BGB stellt die zentrale Vorschrift des sog. Vergleichsmietensystems dar und ist neben der privatautonom zu vereinbarenden Mieterhöhung nach § 557 BGB und der Mieterhöhung durch einseitige Gestaltungserklärung des Vermieters nach durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen oder erhöhten Nebenkostenvorauszahlungen nach § 559 BGB bzw. § 560 BGB eine der drei zentralen Ausprägungen der Mietpreisanpassung im Wohnraummietrecht (BeckOGK/Fleindl, Stand 1.7.2022, § 558 BGB Rn 1 [im Folgenden: BeckOGK/Fleindl]). Dogmatisch stellt allein § 558 BGB die maßgebliche Anspruchsgrundlage dar, wobei die flankierenden Normen der §§ 558a-558e BGB lediglich ergänzende Voraussetzungen und Definitionen enthalten (Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Mietrecht, 15. Aufl. 2022, § 558 BGB Rn 1 [im Folgenden: Schmidt-Futterer/Börstinghaus]). Die Erhöhungsmöglichkeit nach § 558 BGB wird zum einen durch die Sperrfrist von einem Jahr seit der letzten Mieterhöhung und Veränderungssperre von 15 Monaten seit der letzten Veränderung der Miethöhe begrenzt (vgl. § 558 Abs. 1 S. 1 und S. 2 BGB), zum anderen durch die sog. höhenmäßige Kappungsgrenze von 20 % (vgl. § 558 Abs. 3 S. 1 BGB) bzw. von 15 % (vgl. § 558a Abs. 3 S. 2 BGB), sofern die Bundesländer – wie weit überwiegend erfolgt – durch Rechtsverordnung von der Senkungsmöglichkeit Gebrauch gemacht haben.

§ 558 BGB gilt nach h.M. nicht analog für den Fall fallender Mieten, sodass der Mieter insoweit keinen Anspruch auf eine Senkung des Mietzinses auf die ortsübliche Vergleichsmiete geltend machen kann (AG Erlangen, Urt. v. 25.11.1997 – 1 C 1994/97, DWW 1999, 185; Schmidt-Futterer/Börstinghaus, § 558 BGB Rn 1). § 558 BGB hat schließlich mittelbar Auswirkungen auf die sog. Mietpreisbremse der §§ 556d-556g BGB, als dort die Grenze von 10 % an die ortsübliche Vergleichsmiete anknüpft.

III. Die Mietfestschreibung auf 15 Monate aus § 558 Abs. 1 S. 1 BGB a.E.

Seit der Mietrechtsreform aus 2001 muss die Miete 15 Monate unverändert geblieben sein. Das gesetzgeberische Ziel war es, die schon länger geltende Jahressperrfrist mit der Überlegungsfrist des Mieters aus § 558b Abs. 1 BGB zu kombinieren und somit maximal deutlich zum Ausdruck zu bringen, dass eine Mieterhöhung erst nach Ablauf der Jahressperrfrist verlangt werden kann (Schmidt-Futterer/Börstinghaus, § 558 BGB Rn 8). Auch wenn von Seiten des Gesetzgebers mit § 558 Abs. 1 S. 1 BGB a.E. ausschließlich eine Klarstellungsfunktion beabsichtigt war, hat die Frist jedenfalls dann eine eigenständige Bedeutung, wenn die Miete nicht wie regelmäßig am Anfang eines Monats, sondern erst später (z.B. zum 15.) zur Zahlung fällig wird. Grund dafür ist, dass die Überlegungsfrist aufgrund des Anlaufs nach § 558b Abs. 2 BGB keine starre Dreimonatsfrist darstellt, sondern vielmehr mind. zwei Monate und einen Tag und maximal drei Monate beträgt (Schmidt-Futterer/Börstinghaus, § 558 BGB Rn 9).

 

Hinweis:

Bedeutung bekommt die 15-Monatsfrist daher bei einem Mietvertrag, der zum 15.1.2021 beginnt und bei dem die Mieter zum dritten Werktag im Voraus zur Zahlung fällig wird. Aufgrund der Jahressperrfrist ist jeweils ein Mieterhöhungsverlangen erst ab dem 16.1.2022 möglich, wobei diese wegen der 15-Monatsfrist erst zum 1.5.2022 (und nicht schon zum 1.4.2022) wirksam wird. Das gleiche gilt, wenn die Miete zwar am Monatsanfang fällig wird, die Parteien aber privatautonom (z.B. im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs) eine abweichende Fälligkeit einer vorhergehenden Mieterhöhung (z.B. zum 15. eines bestimmten Monats) vereinbart haben.

IV. Die Jahressperrfrist nach § 558 Abs. 1 S. 2 BGB

Ein Mieterhöhungsverlangen darf gegenüber dem Mieter frühestens ein Jahr nach der letzten Mieterhöhung oder der erstmaligen Verpflichtung zur Mietzahlung aufgrund eines Mietvertragsschlusses geltend gemacht werden. Die Jahresfrist soll eine gewisse Kontinuität der Mietpreise sicherstellen, sodass sich der Mieter zumindest für eine gewisse Zeitdauer sicher sein kann, dass die vereinbarte Miethöhe unverändert bleibt. Insoweit ist die Jahressperrfrist auch Ausdruck des allgemeinen Zivilrechtsgrundsatzes des sog. pacta sunt servanda (zu Recht Schmidt-Futterer/Börstinghaus, § 558 BGB Rn 18). Die...

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