"Angaben machen" bedeutet, sich einer Erklärung willentlich zu entäußern (vgl. Rolletschke/Kemper, § 370 Rn. 93). Dabei spielt die Erklärungsform keine Rolle. Neben schriftlichen Erklärungen werden auch mündliche und sogar konkludente Äußerungen erfasst. Eine Unterschrift ist für ein "Angaben machen" ebenfalls nicht erforderlich (BGH, Urt. v. 27.9.2002 – 5 StR 97/02, wistra 2003, 20; Rolletschke, Steuerstrafrecht, 4. Aufl. 2012, Rn. 27). Auch (form-)unwirksame Steuererklärungen können deshalb zu einer tatbestandlichen Steuerhinterziehung führen, wenn auf diese Angaben hin falsche Steuerbescheide erlassen werden. Die Strafverfolgungspraxis befasst sich meist mit Erklärungen im Steuerfestsetzungsverfahren. Gemäß § 149 AO i.V.m. den jeweiligen Einzelsteuergesetzen sind bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen Steuererklärungen abzugeben.

 

Hinweis:

Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, wer die Angaben macht. Die Steuerhinterziehung ist in Form des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO weder Sonderdelikt noch eigenhändiges Delikt noch wird Eigennützigkeit vorausgesetzt. Deshalb macht z.B. auch der steuerliche Berater Angaben, der in eigener Verantwortung Erklärungen abgibt; denkbar insbesondere z.B. bei Umsatzsteuervoranmeldungen oder in Außenprüfungs-, Einspruchs- oder Klageverfahren.

Unerheblich ist auch, welches Medium benutzt wird. So sind z.B. Umsatzsteuervoranmeldungen seit dem 1.1.2005 elektronisch einzureichen (§ 18 Abs. 1 UStG). Auch Einkommensteuererklärungen können seit geraumer Zeit elektronisch "abgegeben" werden (ELSTER). Hiervon zu trennen ist die Frage der Authentizität der Daten, ob also die Daten einer bestimmten Person eindeutig zugeordnet werden können. Auch bei den herkömmlichen Steuererklärungen auf Papier lässt sich zuweilen nicht mit absoluter Sicherheit feststellen, ob die Unterschrift gefälscht ist oder nicht. Entsprechende Authentizitätsprobleme sind daher z.T. schon immer relevant gewesen und keine Besonderheit der elektronischen Übermittlungsformen (Musil/Burchard/Hechtner DStR 2007, 2290).

Für § 370 AO relevante Daten werden aber nicht nur bei der erstmaligen Steuerfestsetzung gemacht. Steuerlich Relevantes wird z.B. auch im Einspruchs- oder Klageverfahren oder in Außenprüfungen in Erfüllung steuerlicher Mitwirkungspflichten (§ 200 AO) erklärt. Gerade in Außenprüfungen spielt auch das Rechtsinstitut der tatsächlichen Verständigung eine Rolle (vgl. BMF, Schreiben v. 30.7.2008 – IV A 3 – S 02230/07/10002, BStBl I 2008, S. 831; BFH, Urt. v. 11.12.1984 – VIII 131/76, BStBl II 1985, S. 354). Auch hier trifft den Steuerpflichtigen die Pflicht zu wahrheitsgemäßen und vollständigen Angaben (§ 90 Abs. 1 AO). Verletzt der Steuerpflichtige bzw. sein Bevollmächtigter diese Pflicht, indem er bewusst Sachverhalte verfälscht oder verschleiert, wird dadurch der Steuerhinterziehungstatbestand verwirklicht (vgl. BGH, Urt. v. 26.10.1998 – 5 StR 746/97, wistra 1999, 103; Klein/Jäger, § 370 Rn. 54).

Außerhalb des Veranlagungsverfahrens werden steuerlich erheblich Angaben auch im Erhebungsverfahren (§§ 218 ff. AO) oder im Vollstreckungsverfahren (§§ 249 ff. AO) gemacht. So z.B., wenn vom Steuerpflichtige durch falsche Angaben Stundung oder Erlass gewährt oder in "Niederschlagsverhandlungen" (§ 261 AO) ein falscher Vermögensstatus vorgelegt wird (vgl. BGH, Urt. v. 19.12.1997 – 5 StR 569/96, wistra 1998, 180).

Unter dem Stichwort der "Angaben machen" wird auch diskutiert, ob ein Ehegatte durch das bloße Mitzeichnen der gemeinsamen Erklärung im Wege der Zusammenveranlagung eine Steuerhinterziehung begehen kann. Die Rechtsprechung und h.L. verneint dies aufgrund des in aller Regel geringen Tatbeitrags des lediglich mitzeichnenden Ehegatten (vgl. BGH, Urt. v. 17.4.2008 – 5 StR 547/07, wistra 2008, 310 m. Anm. Rolletschke StRR 2008, 273; ggf. aber psychische Beihilfestrafbarkeit denkbar).

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