Aus § 142 Abs. 5 StPO n.F. ergibt sich, dass der Beschuldigte vor der Bestellung eines Pflichtverteidigers zu hören und ihm zwingend Gelegenheit zu geben ist, innerhalb einer zu bestimmenden Frist einen Verteidiger zu bezeichnen. Um dies zu erleichtern, verweist § 142 Abs. 5 StPO n.F. auf § 136 Abs. 3 StPO, wonach dem Beschuldigten entsprechende Informationen zur Verfügung zu stellen sind. Zudem ist auf anwaltliche Notdienste hinzuweisen.

Die dem Beschuldigten für die Bezeichnung eines Verteidigers zu setzende Frist muss angemessen sein, konkretere Regelungen hierzu enthält § 142 Abs. 5 StPO nicht. Abhängig von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls kann die Frist sehr kurz ausfallen oder sich sogar auf eine kurze Bedenkzeit reduzieren.

 

Hinweis:

Ist im Einzelfall nur eine kurze oder gar minimale Frist möglich, kann sich dies im weiteren Verlauf des Verfahrens bei der Frage, ob der bestellte Verteidiger ausgewechselt werden kann/muss, auswirken, § 143a Abs. 2 Nr. 1 StPO (s. unter III 5).

Benennt der Beschuldigte fristgerecht einen Verteidiger, so ist dieser beizuordnen, sofern dem kein wichtiger Grund entgegensteht (§ 142 Abs. 5 S. 3 StPO n.F.). Ein solcher wichtiger Grund liegt auch dann vor, wenn der benannte Verteidiger nicht oder nicht rechtzeitig verfügbar ist. Einen generellen Rechtsanspruch auf die Bestellung des von ihm gewünschten Pflichtverteidigers hat der Beschuldigte weiterhin nicht.

Die Neuregelung verankert zum einen die bisherige Rechtsprechung im Gesetz, wonach ein Verteidiger, der das Mandat, etwa wegen anderweitiger Auslastung, nicht führen kann, nicht beigeordnet wird.

Zum anderen zielt sie v.a. auf Eilfälle ab, freilich ohne näher zu definieren, wann ein Verteidiger "nicht rechtzeitig" verfügbar ist. Die Gesetzesbegründung erklärt hierzu lediglich, es sei eine kurze Wartezeit einzuräumen. Ein Anspruch auf eine Verschiebung etwa der Vernehmung besteht aber nicht (BT-Drucks 19/13829, S. 43).

 

Hinweis:

Dennoch wird die Beiordnung des vom Beschuldigten benannten Verteidigers nicht vorschnell im Hinblick auf dessen vermeintlich nicht rechtzeitige Verfügbarkeit abgelehnt werden dürfen. Schon der Grundsatz des fairen Verfahrens gebietet es, dass dem Beschuldigten, sofern möglich, der Anwalt seines Vertrauens zur Seite stehen muss. Dies gilt auch für den Pflichtverteidiger. Deshalb wurde i.R.d. § 142 Abs. 1 StPO a.F. das Merkmal des wichtigen Grundes eng ausgelegt und dem Recht des Beschuldigten auf Beiordnung des Anwalts seines Vertrauens der Vorrang eingeräumt (hierzu Burhoff, EV, Rn 3004 m.w.N.). Von diesen Maßstäben ausgehend wird bei der Gewährung von Wartezeiten mit einer gewissen Großzügigkeit vorgegangen werden müssen.

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