Der Kündigungsschutz ist Teil des sog. sozialen Mietrechts. Es will den Mieter in zwei Bereichen schützen, nämlich hinsichtlich des Bestandes des Mietverhältnisses und hinsichtlich der Miethöhe. Dieser Schutz ist hinsichtlich des Bestands wiederum zweistufig vom Gesetzgeber geregelt (ausführlich Sternel, NZM 2018, 473). Zunächst kann der Vermieter das Mietverhältnis nur dann ordentlich kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Bei der Prüfung dieses berechtigten Interesses werden Mieterinteressen nicht berücksichtigt. Liegt ein zur Kündigung berechtigendes Interesse des Vermieters an einer ordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses vor, kann der Mieter sich in einer zweiten Stufe auf seine persönlichen Härtegründe oder fehlenden Ersatzwohnraum berufen. Die Mieterinteressen sind dann gegenüber den berechtigten Vermieterinteressen, die zur Kündigung berechtigten, abzuwägen. Es soll grds. der vertragstreue Mieter vor willkürlichen Kündigungen geschützt werden.

Zu den Härtegründen zählt auch der fehlende Ersatzwohnraum. Den Mieter trifft aber die fortwährende Obliegenheit zur ernsthaften und nachhaltigen Suche nach Ersatzwohnraum, wenn er sich auf diesen Härtegrund erfolgreich berufen will (BGH, Beschl. v. 8.2.2022 – VIII ZR 182/21, GE 2022, 356; NZM 2022, 287; WuM 2021, 353; MietPrax-AK § 574 BGB Nr. 10 m. Anm. Börstinghaus).

Ist in einem fälschlicherweise nur von einem von mehreren Vermieter geführten Räumungsverfahren die Klage abgewiesen worden, weil das Gericht dem Mieter einen Fortsetzungsanspruch zugebilligt hat, so ist das erkennende Gericht in einem erneuten Räumungsverfahren, das richtigerweise jetzt von allen Vermietern betrieben wird, nicht an einer erneuten Prüfung des Vorliegens von Härtegründen des Mieters gem. § 574 Abs. 1 S. 1 BGB gehindert. Da in Bezug auf die am ersten Verfahren nicht beteiligten Vermieter kein Fall des § 574c Abs. 2 BGB, sondern eine erstmalige Kündigung vorlag, war die Prüfung nicht darauf zu beschränken, ob sich die Umstände, die im Vorprozess für die Anordnung der Fortsetzung des Mietverhältnisses bestimmend waren, verändert haben. Vielmehr hat eine eigenständige und umfassende Prüfung des Vorliegens einer Härte nach § 574 Abs. 1 S. 1 BGB stattzufinden (BGH, Beschl. v. 30.11.2021 – VIII ZR 81/20, GE 2022, 577; MietPrax-AK § 574 BGB Nr. 11 m. Anm. Börstinghaus).

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