1. Mieterhöhung mit falschen Tatsachen

Das Mieterhöhungsverfahren nach den §§ 558 ff. BGB ist ein gesetzesgestütztes Zustimmungsverfahren. Die Mieterhöhung kommt mit der Zustimmung des Mieters, auf die der Vermieter ggf. einen Anspruch hat und die er einklagen kann, zustande. Stimmt der Mieter einem Mieterhöhungsverlangen des Vermieters zu, so kommt hierdurch unabhängig davon, ob das Mieterhöhungsbegehren gem. § 558a BGB den formellen und materiellen Voraussetzungen der §§ 558 ff. BGB genügte, eine vertragliche Vereinbarung über die begehrte Mieterhöhung zustande. Dies gilt selbst dann, wenn der Vermieter dem Mieter in dem Verlangen falsche Tatsachen mitgeteilt hat. In Betracht kommen kann aber in einem solchen Fall eine Vertragsanpassung nach den Grundsätzen des Fehlens der Geschäftsgrundlage (BGH WuM 2004, 485 = NJW 2004, 3115 = MietPrax-AK § 558 BGB Nr. 9 mit Anm. Börstinghaus; Wiek, WuM 2004, 487; Schach, GE 2004, 999; Börstinghaus, BGHReport 2004, 1204; Maciejewski, MM 2004, 373). Bedeutung hat dies v.a. hinsichtlich der Flächenangaben. Diese Rechtsprechung hat der Senat (BGH WuM 2020, 155 = NZM 2020, 322 = MietPrax-AK § 557 BGB Nr. 12 mit Anm. Börstinghaus; ders., jurisPR-BGHZivilR 6/2020 Anm. 1; Beuermann, GE 2020, 290; Drasdo, NJW-Spezial 2020, 226) aktuell für einen Fall präzisiert, in dem der Vermieter zwar eine um mehr als 10 % zu große Fläche im Zustimmungsverlangen angegeben hatte, aber dafür eine unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liegende Quadratmetermiete verlangte. Für diesen Fall hat der Senat eine Vertragsanpassung nach den Grundsätzen des Fehlens der Geschäftsgrundlage abgelehnt. Eine Anpassung könne nur dann verlangt werden, wenn dem einen Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insb. der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Dabei stellt der Senat nicht auf einzelne Werte des Erhöhungsverlangens, sondern auf das Endergebnis, also die für die Wohnung verlangte Gesamtmiete ab. Genau diese Miete hätte der Vermieter vorliegend aber verlangen können, wenn er die richtige Größe und die maximale ortsübliche Vergleichsmiete angegeben hätte. Das war für den Senat ein gewichtiges Indiz dafür, dass die Parteien auch bei Kenntnis der wahren Wohnfläche dieselbe erhöhte Miete vereinbart hätten.

2. Bedeutung eines formell ordnungsgemäßen Erhöhungsverlangens

Der Zustimmungsanspruch des Vermieters setzt voraus, dass die materiellen Voraussetzungen des § 558 BGB vorliegen und der Vermieter diesen Anspruch in einem formell ordnungsgemäßen Verfahren gem. § 558a BGB geltend macht. Diesem Zustimmungsverlangen wurde in der Vergangenheit eine doppelte Bedeutung beigemessen, nämlich eine materielle und eine prozessuale. Das Mieterhöhungsverlangen stellte auch eine besondere Sachentscheidungsvoraussetzung der Zustimmungsklage gem. § 558b BGB dar. Das hatte zur Folge, dass eine Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung nicht als unbegründet, sondern als unzulässig abzuweisen war, wenn das Mieterhöhungsverlangen formell fehlerhaft war. Diese langjährige Auffassung hat der VIII. Senat (BGH GE 2020, 798 = NZM 2020, 534 = NJW 2020, 1947 = DWW 2020, 212 = WuM 2020, 423 = ZMR 2020, 632 = MietPrax-AK § 558a BGB Nr. 43 mit Anm. Börstinghaus; Börstinghaus, NZM 2020, 541; ders., jurisPR-BGHZiviR 14/2020 Anm. 2; ders., LMK 2020, 430371; Happ, DWW 2020, 219) jetzt aufgegeben. Die Einhaltung der Förmlichkeiten des Verfahrens auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung durch den Vermieter nach § 558a BGB (Erklärung und Begründung des Erhöhungsverlangens in Textform) und nach § 558b Abs. 2 BGB (Fristen zur Erhebung der Zustimmungsklage) seien insgesamt dem materiellen Recht zuzuordnen und beträfen deshalb die Begründetheit und nicht die Zulässigkeit der Klage.

 

Hinweis:

Diese Rechtsprechungsänderung ermöglichte es dem Senat, sich erstmals mit den Auswirkungen des Gesetzes zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin (MietenWoG Bln) zu beschäftigen. Seiner Meinung nach sind die Vorschriften nach ihrem Sinn und Zweck dahin auszulegen, dass von dem darin geregelten Verbot jedenfalls gerichtliche Mieterhöhungsverfahren nicht erfasst werden, in denen der Vermieter einen Anspruch auf Erhöhung der Miete zu einem vor dem in dieser Bestimmung festgelegten Stichtag, dem 18.6.2019, liegenden Zeitpunkt geltend macht. Offengelassen hat der Senat deshalb, ob die Regelungen insgesamt verfassungsgemäß sind. Darauf kam es nicht an.

3. Vergleichswohnungen aus preisgebundenem Wohnungsbestand

Die Benennung von mindestens drei Vergleichswohnungen als Begründung eines Erhöhungsverlangens ist bekanntlich das schlechteste, weil am wenigsten überzeugende, Begründungsmittel eines Erhöhungsverlangens. Es wird so gut wie immer Wohnungen geben, für die mehr Miete gezahlt wird als für die Vertragswohnung. Nach Ansicht des BGH (GE 2020, 253 = WuM 2020, 86 = MDR 2020, 401 = NJW-RR 2020, 334 = ZAP EN-Nr. 92/2020 [LS] = ZMR 2020, 298 = NZM 2020, 459 = DWW 2020, 171 = MietPrax-AK § 558a BGB Nr. 42 mit Anm. Börstinghaus; ders., jurisPR-MietR 4/2020 Anm. 1; Mettler, MietRB 2020, 65; Drasdo, NJW-Spezial 2020, 193) ist es desha...

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