Beispiel 1:

Gegen den Betroffenen wird am 1.8.2015 ein Bußgeldverfahren wegen eines Verstoßes gegen § 23 Abs. 1a StVO (Verbot des Telefonierens im Straßenverkehr) eingeleitet und eine Geldbuße von 60 EUR festgesetzt. In dem Bußgeldverfahren wird er von Rechtsanwalt R verteidigt.

Rechtsanwalt R rechnet nach den neuen Gebührenstufen ab. Es entstehen also die Gebühren nach den neuen Gebührengrenzen. Abgerechnet wird nach der Stufe 1.

Änderungen zum alten Recht in Form einer Schlechterstellung ergeben sich für Rechtsanwalt R insoweit, als er im Zeitraum vom 1.5.2014 bis zum 24.7.2015 in diesen Fällen aufgrund der Anhebung der Geldbuße in Nr. 246 BKatV auf 60 EUR durch die Punktereform nach der zweiten Gebührenstufe abrechnen konnte. Die Gebührengrenze lag bis dahin bei (nur) 40 EUR. Jetzt fallen nur noch Gebühren nach der 1. Stufe an.

 

Beispiel 2:

Gegen den Betroffenen wird am 1.12.2015 ein Bußgeldverfahren wegen Fahrens bei Glatteis ohne entsprechende "Winterreifen" (Verstoß gegen § 2 Abs. 3a S. 1 StVO) eingeleitet und eine Geldbuße von 60 EUR festgesetzt. In dem Bußgeldverfahren wird er von Rechtsanwalt R verteidigt.

Rechtsanwalt R rechnet nach den neuen Gebührenstufen ab. Es entstehen also die Gebühren nach den neuen Gebührengrenzen. Abgerechnet wird nach der Stufe 1. Änderungen in Form einer Schlechterstellung zum alten Recht ergeben sich für Rechtsanwalt R insoweit, als er bis zum 24.7.2015 in diesen Fällen (auch) nach der zweiten Gebührenstufe abrechnen konnte.

 

Beispiel 3:

Der Betroffene begeht am 1.4.2015 einen Verkehrsverstoß, der mit einer Geldbuße von 50 EUR geahndet wird. Er beauftragt am 15.4.2015 Rechtsanwalt R mit seiner Vertretung im vorbereitenden Verfahren vor der Verwaltungsbehörde. Diese erlässt einen Bußgeldbescheid, gegen den Rechtsanwalt R Einspruch einlegt. Die Bußgeldakten gehen am 1.8.2015 beim AG ein. Der Betroffene beauftragt nun am 1.9.2015 den Rechtsanwalt R mit seiner Vertretung im gerichtlichen Verfahren. Dort findet am 1.10.2015 eine Hauptverhandlung statt, in der der Betroffene verurteilt wird.

R rechnet wie folgt ab:

 
1.

Grundgebühr Nr. 5100 VV RVG

(die Änderungen in Teil 5 VV RVG haben keine Auswirkungen, da die Grundgebühr nicht von der Höhe der Geldbuße abhängig ist)
2.

Verfahrensgebühr für das vorbereitende Verfahren Nr. 5103 VV RVG a.F.

(nach der Übergangsregelung in § 60 Abs. 1 RVG ist der Zeitpunkt der Auftragserteilung maßgeblich, zum Zeitpunkt 15.4.2015 galt noch altes Recht mit der Gebührengrenze 40 EUR)
3.

Verfahrensgebühr für das gerichtliche Verfahren Nr. 5107 VV RVG n.F.

(nach § 60 Abs. 1 RVG ist der Zeitpunkt der Auftragserteilung am 1.9.2015 maßgeblich, hier galt schon neues Recht mit der Gebührengrenze 60 EUR)
 

Hinweis:

Die Anwendung von unterschiedlichem Recht ist möglich, da nach § 17 Nr. 10b RVG im Bußgeldverfahren das "Verfahren vor der Verwaltungsbehörde" und das gerichtliche Verfahren unterschiedliche Angelegenheiten sind.

 
4.

Terminsgebühr für den Hauptverhandlungstermin am 1.10.2015 Nr. 5108 VV RVG n.F.

(nach § 60 Abs. 1 RVG ist der Zeitpunkt der Auftragserteilung am 1.9.2015 maßgeblich, so dass bereits neues Recht mit der Gebührengrenze 60 EUR galt)
 

Beispiel 4:

In Beispiel 3 erteilt der Betroffene von vornherein den unbedingten Auftrag zur Vertretung auch im gerichtlichen Verfahren.

Die Abrechnung ändert sich insofern, als nun als Verfahrensgebühr für das gerichtliche Verfahren nun nicht die Verfahrensgebühr Nr. 5107 VV RVG n.F. entsteht. Vielmehr ist die Auftragserteilung insgesamt vor dem 25.7.2015 erfolgt, so dass auch für die Verfahrensgebühr für das gerichtliche Verfahren noch altes Recht gilt und damit die Nr. 5109 VV RVG a.F. Anwendung findet.

Autor: Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg

ZAP 16/2015, S. 901 – 904

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