In Art. 3 EMRK ist einer der wichtigsten Grundwerte der demokratischen Gesellschaften verankert. Im Unterschied zu den meisten materiell-rechtlichen Bestimmungen der Konvention sieht Art. 3 EMRK keine Ausnahmen vor und nach Art. 15 Abs. 2 EMRK darf nicht einmal im Fall eines öffentlichen Notstands, der das Leben der Nation bedroht, von ihm abgewichen werden. Die Konvention enthält ein absolutes Verbot der Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung, das unabhängig vom Verhalten des Betroffenen gilt. Eine Misshandlung muss ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich von Art. 3 EMRK zu fallen. Die Beurteilung dieses Mindestmaßes hängt von den gesamten Umständen des Falls ab, z.B. von der Dauer der Behandlung, ihren körperlichen oder seelischen Folgen und zuweilen dem Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers. Auch die bloße Androhung einer nach Art. 3 EMRK verbotenen Handlung, sofern sie hinreichend real und unmittelbar ist, kann im Widerspruch zu dieser Bestimmung stehen (vgl. EGMR, Urt. v. 11.7.2006 – 54810/00, JA 2006, 904 ff.).

 

Gäfgen gegen Deutschland

Verurteilt wegen Entführung und Tötung eines Kindes, behauptete der Beschwerdeführer, die Polizei habe ihm mit Folter gedroht, um ihn zur Preisgabe des Aufenthaltsort des Kindes zu veranlassen (zu einer Zeit, als sie glaubten, der Junge sei noch am Leben) und dass im Verfahren Beweise gegen ihn Verwendung fanden, die durch Nötigung erbracht worden seien. Der Gerichtshof fand, dass die Drohungen einer unmenschlichen Behandlung gleichkamen, aber dass das Verfahren als Ganzes fair war. Der Gerichtshof stellte eine Verletzung von Art. 3 EMRK, jedoch keine Verletzung von Art. 6 EMRK fest (Urt. v. 30.6.2008 – 22978/05, EuGRZ 2008, 466 = NStZ 2008, 699).

 

Jalloh gegen Deutschland

Zwangsweise Verabreichung eines Brechmittels an den Beschwerdeführer (der des Drogenhandels verdächtig war), um bei ihm das Erbrechen von Drogentütchen herbeizuführen, von denen vermutet wurde, er habe sie bei der Verhaftung geschluckt. Die Drogen wurden danach gegen ihn im Strafverfahren als Beweis benutzt; Verletzung von Art. 3 EMRK (EGMR, Urt. v. 11.7.2006 – 54810/00, JA 2006, 904 ff.).

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