Vor wenigen Tagen hat das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) eine Übersichtskarte zum wirtschaftlichen und kulturellen Zustand der Bundesrepublik vorgelegt. Der sog. Deutschlandatlas gibt auf mehr als 50 Übersichtskarten einen detaillierten Überblick zu den Lebensverhältnissen in den städtischen und ländlichen Regionen in den Bundesländern. Erfasst wurden etwa die Versorgung mit Krankenhäusern, Ärzten, Schulen, Verkehrsmitteln und digitaler Anbindung. Aber auch die Altersstrukturen, die Kriminalität, die Mieten und Baulandpreise sowie viele weitere Aspekte waren Untersuchungsgegenstand. Das BMI hat den Deutschlandatlas im Internet als PDF unter https://heimat.bund.de/static/downloads/Deutschlandatlas_Download_Version.pdf zum Download bereitgestellt.

Die einzelnen Karten legen zu all diesen Aspekten erhebliche regionale Unterschiede zwischen Nord und Süd, Ost und West, Stadt und Land offen. Dies war allerdings auch der Zweck der Erstellung des Atlas: Sein Ziel ist die Gewinnung einer Erkenntnisgrundlage der künftigen Heimatpolitik des BMI, das dem Verfassungsauftrag der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in den verschiedenen Regionen Deutschlands nachkommen will.

Kaum erschienen, gab es am Deutschlandatlas allerdings auch schon Kritik. So bemängelt der Deutsche Anwaltverein (DAV), dass dem Atlas "die rechtlichen Lücken" fehlen. Damit meint der Verein, dass Untersuchungen zur rechtlichen Versorgung der Bevölkerung bei der Erstellung des Atlas vom Ministerium außer Acht gelassen wurden. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Schließung von Gerichtsstandorten und sinkender Anwaltsdichte sei dies ein Versäumnis, denn es zeige sich, dass in der Fläche der Zugang zum Recht immer schwieriger werde.

Wer wie in Mecklenburg-Vorpommern zum nächsten Amtsgericht teilweise mehr als 60 km fahren müsse und dabei auch weniger auf das öffentliche Verkehrsnetz zurückgreifen könne als in städtischen Regionen, der habe es schwer, sein Recht zu verfolgen. Darunter, so der DAV, litten vor allem ältere Menschen, die ohnehin vermehrt in den strukturschwachen Gebieten wohnten, oft nicht mehr so mobil seien und für die auch der Verweis auf etwaige Legal-Tech-Alternativen ins Leere gehe.

Ein niedrigschwelliger Zugang zum Recht für alle sei aber die Voraussetzung für einen lebendigen Rechtsstaat und das Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz. Wenn die strukturellen Probleme und regionalen Gefälle im rechtlichen Bereich aber bereits bei der Diagnose keine Rolle spielen, so bemängelt der DAV, dann könnten sie auch nicht aufgelöst werden.

[Quellen: BMI/DAV]

ZAP F., S. 717–722

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