Fraglich ist zunächst, welche "Erörterungen" überhaupt mitgeteilt werden müssen. § 243 Abs. 4 S. 1 StPO sieht eine Mitteilungspflicht vor für "Erörterungen"/Gespräche, deren "Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist". Gemeint sind damit alle "Erörterungen"/Gespräche, die als Vorbereitung einer in der Hauptverhandlung zu erfolgenden Verständigung verstanden werden können (BVerfG NJW 2013, 1058, 1064 ff.; BGH NStZ 2014, 217; 2014, 221, 222 m. Anm. Deutscher StRR 2014, 99; NStZ 2014, 416; Deutscher StRR 2014, 288, 289]). Als Faustregel gilt: Dies ist immer dann der Fall, wenn ausdrücklich oder konkludent Fragen des prozessualen Verhaltens in Verbindung zum Verfahrensergebnis, mithin der Straferwartung, gesetzt werden können/müssen. Jedes – auch nur entfernte – Bemühen um eine Verständigung fällt unter den Begriff der "Erörterung" und ist mitteilungspflichtig (BGH, a.a.O.; NStZ 2017, 217; StV 2014, 657; KK-Schneider, a.a.O., § 243 Rn. 39). Nicht dokumentations- und mitteilungspflichtig sollen demgegenüber Gespräche sein, die ausschließlich organisatorische und verfahrenstechnische Fragen der Hauptverhandlung ohne Ergebnisbezug zum Gegenstand haben (BVerfG a.a.O.; BGH NStZ 2013, 610; H. Schneider, a.a.O., Deutscher, a.a.O.; zusammenfassend BGH NStZ 2015, 416). Ergebnisbezug besteht, bzw. liegt m.E. auch nahe, wenn die Frage erörtert wird, ob sich der Angeklagte in der Hauptverhandlung einlassen oder schweigen wird (insoweit gegen eine Mitteilungspflicht H. Schneider NStZ 2014, 192, 197), denn jedenfalls begründet die Frage nach einem möglichen Geständnis bereits den Verständigungsbezug (so wohl BGH NJW 2014, 3385 = StraFo 2014, 460; NStZ 2014, 221; s. Deutscher StRR 2014, 288, 289, der den Fall als "grenzwertig" ansieht).

 

Hinweis:

Kein Ergebnisbezug liegt vor bei Fragen, die allein die organisatorische Vorbereitung der Hauptverhandlung betreffen/betroffen haben (BGHSt 58, 315 m. Anm. Burhoff StRR 2013, 424). Dazu zählen bloße Terminabsprachen zwischen dem Gericht und dem Angeklagten/Verteidiger ebenso wie Unterredungen über die nähere Planung zur Ladung von Zeugen und Sachverständigen (H. Schneider NStZ 2012, 192, 197; Meyer-Goßner/Schmitt, § 243 Rn. 18a). Allerdings ist insoweit Vorsicht geboten, da alle Erörterungen, die über die rein organisatorischen Vorgänge hinaus auf eine Abkürzung des Verfahrens gerichtet sind ("Soll der Beweisantrag tatsächlich gestellt werden?"), schnell inhaltlichen Bezug zum Stand des Verfahrens bekommen und damit ggf. "ergebnisorientiert" im Hinblick auf eine Verständigung zur Abkürzung des Verfahrens werden (s.a. H. Schneider a.a.O.).

Die Frage, welche Angaben zum Inhalt der Erörterungen gemacht werden müssen, bestimmt sich nach dem Sinn und Zweck der Regelung, nämlich der Sicherstellung des Transparenzgebotes (vgl. Burhoff, Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung, 7. Aufl., 2013, Rn. 1826 ff. [im Folgenden kurz: Burhoff, HV]; u.a. BVerfG NJW 2013, 1058, 1065 f.; NJW 2014, 3504; 2015, 1235; NStZ 2014, 592; 2015, 172). Dieses soll sicherstellen, dass im Hinblick auf eine Verständigung durchgeführte Erörterungen stets in öffentlicher Hauptverhandlung zur Sprache kommen, so dass für informelles und unkontrollierbares Verhalten unter Umgehung der strafprozessualen Grundsätze kein Raum verbleibt. Damit erstreckt sich die Pflicht zur Mitteilung über die mit dem Ziel einer Verständigung über den Verfahrensausgang geführten Gespräche auch auf die Darlegung, welche "Angebote" von den Verfahrensbeteiligten gemacht und welche Standpunkte ggf. vertreten wurden und auf welche Resonanz dies bei den anderen am Gespräch Beteiligten jeweils gestoßen ist (vgl. BVerfG NJW 2013, 1058, 1065; u.a. BGHSt 58, 210; BGH NStZ 2011, 592; 2013, 722; 2014, 219; 2014, 416, 417, 2014, 601, 602; 2015, 48; 2015, 416; StV 2011, 72 [Verfahren mit mehreren Angeklagten]; 2014, 67; 2014, 657; 59, 252 = StRR 2014, 493; teilweise offen BGH NStZ-RR 2014, 315). Die von der Staatsanwaltschaft geäußerte Straferwartung muss ebenfalls mitgeteilt werden (BGHSt NStZ 2015, 293).

Ob auch mitgeteilt werden muss, von welcher Seite die Frage einer Verständigung aufgeworfen wurde, von wem also die Initiative ausgegangen ist, ist nicht eindeutig geklärt. Teilweise ist das in der Rechtsprechung des BGH bejaht worden (vgl. die Beschlüsse des 1. Strafsenats in NStZ 2014, 416; 2015, 48; vgl. jetzt aber BGH NStZ 2015, 293 m. Anm. Deutscher StRR 2015, 138), teilweise aber auch verneint worden (BGHSt 58, 310; NJW 2014, 3385; NStZ 2013, 722 m. Anm. Mosbacher; NStZ 2014, 219; 2014, 418; 2014, 529; 2014, 610 m. Anm. Grube; StV 2014, 67; NStZ-RR 2014, 52; 2014, 315; so auch H. Schneider NStZ 2014, 192, 199 ff.). Begründet wird Letzteres damit, dass die Frage, von wem die Initiative zu dem Gespräch ausgegangen ist, in dem ein Verständigungsvorschlag unterbreitet oder über die Möglichkeit einer Verständigung gesprochen wurde, nicht zu dem gem. § 243 Abs. 4 S. 1 StPO mitzuteilenden wesentlichen Inhalt des Gesprächs geh...

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