4.4.2.1 Gäste

Gäste haben grundsätzlich kein Teilnahmerecht an der Wohnungseigentümerversammlung. Da der Verwalter ohnehin zu Beginn der Versammlung im Rahmen der Prüfung der Beschlussfähigkeit kontrolliert, welche Wohnungseigentümer persönlich anwesend und welche Wohnungseigentümer vertreten sind, kann er Gäste herausfiltern. Er sollte dann zu Beginn der Versammlung die Wohnungseigentümer über die Anwesenheit der Gäste informieren und die Wohnungseigentümer über den Nichtöffentlichkeitsgrundsatz in Kenntnis setzen. Weiter sollte er um Mitteilung bitten, ob mit der Anwesenheit der Gäste Einverständnis besteht. Wenn auch nur einer der Wohnungseigentümer mit der Anwesenheit des Gastes nicht einverstanden ist, sollte der Verwalter diesen auffordern, den Versammlungsraum zu verlassen. Zwar wird angenommen, dass Gäste auch durch Geschäftsordnungsbeschluss zugelassen werden können[1], allerdings muss ein solcher Beschluss ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Und dies dürfte stets dann nicht der Fall sein, wenn dem Gast nicht auch eine beratende Funktion im Gemeinschaftsinteresse zukommt – und zwar dergestalt, dass seine Teilnahme im Interesse eines jeden einzelnen der Versammlungsteilnehmer liegt.

 

Rügelose Duldung

Wenn die Anwesenheit des Dritten rügelos geduldet wird, liegt darin ein stillschweigender Verzicht auf die Einhaltung der Nichtöffentlichkeit.[2]

[1] LG München I, Urteil v. 29.1.2015, 36 S 2567/14, ZMR 2015 S. 490.

4.4.2.2 Berater

Was das Teilnahmerecht von Beratern angeht, sind zunächst die Bestimmungen der Gemeinschaftsordnung maßgeblich. Soweit hier ein ausdrückliches Teilnahmeverbot vereinbart ist, gilt dies und ist einzuhalten.[1] Aber auch dann, wenn kein ausdrückliches Teilnahmeverbot vereinbart ist, ist der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit zu beachten, wonach ein grundsätzliches Teilnahmeverbot Dritter besteht. Auch Berater haben also kein Teilnahmerecht. Besondere Gründe können aber eine Teilnahmeberechtigung begründen. Dies kann insbesondere bei einem ständigen persönlichen Erschwernis eines Wohnungseigentümers – etwa Schwerhörigkeit – der Fall sein. Dann kann auch die Teilnahme eines Rechtsanwalts als Begleitperson an der Versammlung zuzulassen sein. Eine beliebige andere Person ist hingegen zur Begleitung des Wohnungseigentümers nicht berechtigt, wenn die Gemeinschaftsordnung eine qualifizierte Vertreterklausel enthält.[2]

Wohnungseigentümer bringt Rechtsanwalt mit

Ist nichts Gegenteiliges durch eine qualifizierte Vertreterklausel vereinbart, kann sich jeder Wohnungseigentümer grundsätzlich auch durch seinen Anwalt in der Versammlung vertreten lassen. Dann aber hat der Wohnungseigentümer kein Teilnahmerecht mehr, was in aller Regel nicht gewollt ist. Der Anwalt soll vielmehr neben dem Wohnungseigentümer für diesen beratend tätig sein. Hierfür müssen gute Gründe sprechen. Ist der Wohnungseigentümer einfach nur mit den übrigen Eigentümern zerstritten, ist dies jedenfalls zu verneinen.[3] Wohl aber können hohes Alter und geistige Gebrechlichkeit die Teilnahme des Beraters rechtfertigen.[4] Unabhängig hiervon kann aber auch die rechtliche Komplexität eines zu behandelnden Tagesordnungspunkts die Teilnahme des Anwalts rechtfertigen.[5] In diesem Fall ist aber zu berücksichtigen, dass jeder Wohnungseigentümer bereits im Vorfeld der Versammlung in der Lage ist, sich Rechtsrat zu komplizierten Themen einzuholen. Dies ist ja gerade der zentrale Punkt, warum die Ladungsfrist künftig nicht mehr 2, sondern 3 Wochen beträgt.[6]

Zu prüfen ist stets auch die Möglichkeit, ob sich der Anwalt nicht außerhalb des Versammlungsraums aufhalten kann. Der Verwalter kann dann die Wohnungseigentümerversammlung darauf aufmerksam machen, dass ein Wohnungseigentümer seinen Anwalt mitgebracht hat, der sich außerhalb des Versammlungsraums aufhält. Durch Geschäftsordnungsbeschluss kann dann geregelt werden, dass die Versammlung unterbrochen wird, sollte der betreffende Wohnungseigentümer Beratungsbedarf haben.

 

Kein Rederecht des Anwalts

Verwalter sollten stets beachten, dass der den Wohnungseigentümer begleitende Rechtsanwalt nicht plötzlich für den Wohnungseigentümer das Wort ergreift und aufgrund etwaiger rhetorischer Fähigkeiten die Diskussion in eine Richtung leitet, die eine Willensbildung der übrigen Wohnungseigentümer erschwert. So er im Ausnahmefall an einer Teilnahme neben dem Wohnungseigentümer berechtigt sein sollte, steht ihm jedenfalls kein Rederecht zu.

Wohnungseigentümer bringt Dolmetscher mit

Sollte der Wohnungseigentümer der deutschen Sprache nur begrenzt mächtig sein, bedarf es keinerlei Problematisierung, dass er selbstverständlich einen Dolmetscher zur Versammlung hinzuziehen kann. Wird die Anwesenheit des Dolmetschers zu Unrecht verweigert, sind die gefassten Beschlüsse anfechtbar, da der Wohnungseigentümer ohne Dolmetscher keine Möglichkeit hat, an der Willensbildung teilzunehmen.[7]

Verwalter bringt Rechtsanwalt mit

Lässt sich der Verwalter von einem Rechtsanwalt begle...

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