Leitsatz

Die vorbehaltlose Weiterzahlung des ungeminderten Mietzinses, trotz nach Vertragsschluß erlangter Kenntnis des Mangels, führt in entsprechender Anwendung des § 539 BGB zum Ausschluß von Gewährleistungsrechten. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn der Mieter seit Kenntnis der Mangelhaftigkeit der Mietsache den Vermieter hierüber in Kenntnis gesetzt hat und erfolglos um Behebung der Mängel gebeten hat, obwohl der Vermieter die Behebung der Mängel zugesagt hat. (Leitsatz der Redaktion)

 

Sachverhalt

Geraume Zeit nach Abschluß eines Mietvertrages über eine Halle, in der ein Baumarkt betrieben wurde, bemerkte die Mieterin, daß aufgrund konstruktiver Mängel des Gebäudes Feuchtigkeit in die Halle eindrang. Dies zeigte sie der Vermieterin an und bat um Behebung der Mängel, zahlte gleichwohl weiter den vollen Mietzins, da die Vermieterin die Mängelbeseitigung zugesagt hatte. Nach sechs Monaten stellte die Mieterin dann ihre Mietzahlungen ein und räumte die Halle, da es zu einer Mängelbeseitigung seitens der Vermieterin nicht gekommen war. Aufgrund der nun auch in den Folgemonaten ausbleibenden Mietzahlungen, kündigte die Vermieterin das Mietverhältnis und begehrte Zahlung der bis zum Kündigungstermin ausstehenden Miete.

 

Entscheidung

Die Mieterin schuldete nach Räumung der Halle keinen Mietzins mehr. Das erscheint auf den ersten Blick selbstverständlich, da ja aufgrund von Mängeln an der Mietsache das weitere Mietverhältnis unzumutbar war und die Räumlichkeiten geräumt wurden. Zu berücksichtigen war aber, daß die Mieterin in Kenntnis der Mängel zunächst für etwa ein halbes Jahr weiter den Mietzins zahlte. Wohl rügte sie die Mängel gegenüber der Vermieterin und bat um Abhilfe, machte aber keinerlei Rechte geltend.

Die Bestimmungen des Mietrechts besagen aber in einem solchen Fall, daß bei positiver Kenntnis des Mieters von der Mangelhaftigkeit einer gemieteten Sache, Gewährleistungsrechte ausgeschlossen sind, wenn weiterhin ungekürzt Miete gezahlt wird und auch von anderen Rechten kein Gebrauch gemacht wird. Dies kommt in dem im Leitsatz erwähnten § 539 BGB zum Ausdruck, der dabei zwar auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abstellt. Daß die Mieterin vorliegend die angesprochenen Mängel erst einige Zeit nach Abschluß des Mietvertrages entdeckte, ändert jedoch nichts an diesen Grundsätzen, da die Bestimmungen des § 539 BGB in einem solchen Fall entsprechend angewendet werden. Insoweit also hätte die Mieterin den Mietzins tatsächlich bis zum Kündigungstermin weiter entrichten müssen.

Der BGH macht hier aber eine Einschränkung. Zwar hatte die Mieterin trotz Kenntnis der Mängel die Miete ungekürzt weitergezahlt, andererseits jedoch die Vermieterin auf die Mangelhaftigkeit hingewiesen und diese gebeten, die Schäden zu beheben. Daß dieses Begehren letztlich ergebnislos blieb, kann bei der vorliegenden Entscheidung natürlich nicht außer acht bleiben. Zu berücksichtigen war insbesondere, daß die Vermieterin die Behebung der Mängel ausdrücklich zusagte. Grundsätzlich steht die Weiterzahlung der Miete trotz Kenntnis des Mieters von dem Mangel der Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen aber dann nicht entgegen, wenn der Vermieter zugesagt hat, den Mangel zu beheben. Das ist ständige Rechtsprechung.

Anders sieht es jedoch dann wieder aus, wenn zwar die Mängelbeseitigung zugesagt wird, jedoch erkennbar nichts geschieht und dennoch weiter Mietzins entrichtet wird. Dann greifen obenerwähnte Grundsätze wiederum ein und der Mieter hat das Nachsehen. Denn durch die Mietzahlungen signalisiert er dem Vermieter, daß er mit der Mangelhaftigkeit wohl doch einverstanden ist und sich mit dieser abgefunden hat. Der Mieter hat dann einen entsprechenden Vertrauenstatbestand geschaffen, der es ihm wiederum verwehrt, seine Rechte geltend zu machen. In diesem Fall hatte jedoch die Mieterin während des gesamten Zeitraums der ungeminderten Mietzahlung auf einer Mängelbeseitigung bestanden, die ihr auch seitens der Vermieterin immer wieder zugesagt wurde, so daß insoweit ein entsprechender Vertrauenstatbestand nicht entstehen konnte.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 18.06.1997, XII ZR 63/95

Fazit:

Zu beachten ist zunächst, daß diese Grundsätze auch uneingeschränkt auf Mietverhältnisse über Wohnraum anzuwenden sind.

Die Entscheidung zeigt, daß sich Passivität des Mieters beim Auftreten von Mängeln an der Mietsache nicht auszahlt. Es sei an dieser Stelle jedem Mieter ausdrücklich ans Herz gelegt, sich in einem derartigen Fall frühzeitig mit dem Vermieter in Verbindung zu setzen. Die Bestimmungen des Mietrechts gewähren jedem Mieter beim Auftreten von Mängeln an der Mietsache ein gesetzliches Minderungsrecht. Im Zweifel sollte, wenn es zu keiner Verständigung mit dem Vermieter kommt, hiervon Gebrauch gemacht werden. Verläßt sich der Mieter auf die Zusage zur Mängelbeseitigung seitens des Vermieters und bleibt diese dennoch aus, so steht ihm das Minderungsrecht auch dann zu. Weiter hat er in diesem Fall die Möglichkeit der außerordentlichen Kündigu...

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