Leitsatz

Die Testierfähigkeit ist ein Unterfall der Geschäftsfähigkeit. Wer nicht in der Lage ist, sich ein klares, von Einflüssen Dritter freies Urteil über das Für und Wider seiner letzwilligen Verfügung zu bilden, ist testierunfähig.

 

Sachverhalt

Die Verfahrensbeteiligte streitet dafür festzustellen, dass die Erlasserin "durch die Lebensumstände in der ehemaligen DDR unzurechnungsfähig" war, was sie aus einem Telefonat schlussfolgerte. Ihre diesbezüglich weitere Beschwerde bleibt mangels Rechtsfehlern seitens des LG ohne Erfolg.

 

Entscheidung

Auch wenn die Testierfähigkeit gesondert in § 2229 Abs. 4 BGB gereglt ist, so stellt sie doch einen Unterfall der Geschäftsfähigkeit dar. Testierunfähig ist der, dessen Erklärungen und Willensentschlüsse nicht mehr auf einer dem allgemeinen Verkehrsverständnis entsprechenden Würdigung der Außendinge und der Lebensverhältnisse beruhen, sondern durch krankhaftes Empfinden oder krankhafte Vorstellungen und Gedanken derart beeinflusst werden, dass sie tatsächlichnicht mehr frei sind, sondern vielmehr von diesen krankhaften Einwirkungen beherrscht werden. Diese Unfreiheit der Erwägungen und der Willensbildung braucht nicht darin zu Tage zu treten, dass der Erblasser sich keine Vorstellungen von der Tatsache der Errichtung eines Testaments und von dessen Inhalt oder von der Tragweite seiner letzten Anordnungen, insbesondere von ihrer Auswirkung auf die persönliche und wirtschaftlichen Verhältnisse der Betroffenen zu machen vermag. Sie kann sich vielmehr darauf beschränken, die Motive für die Errichtung einer letztwilligen Verfügung entscheidend zu beeinflussen.

Testierunfähig ist daher auch derjenige, der nicht in der Lage ist, sich über die für und gegen seine letztwillige Verfügung sprechenden Gründe ein klares, von krankhaften Einflüssen nicht gestörtes Urteil zu bilden und nach diesem Urteil frei von Einflüssen etwaig interessierter Dritter zu handeln. Dabei geht es nicht darum, den Inhalt auf seine Angemessenheit zu beurteilen, da Entsprechendes durch die Verfahrensbeteiligte nicht dargetan wurde.

 

Link zur Entscheidung

OLG Rostock, Beschluss vom 05.06.2009, 3 W 47/09

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