Entscheidungsstichwort (Thema)

Baugenehmigung (Aufhebung)

 

Tenor

I. Der Widerspruchsbescheid der Regierung von Unterfranken vom 18.3.1988 wird aufgehoben.

II. Der Beklagte und der Beigeladene haben die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Hohe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vorher in gleicher Hohe Sicherheit leistet.

 

Tatbestand

I.

1. Der Kläger ist Miteigentümer des Grundstucks Fl.Nr. 3576/55, der Beigeladene ist Eigentümer des südlich angrenzenden Grundstucks Fl.Nr. 3576/52 der Gemarkung S. Die Grundstücke liegen zwischen der … Straße im Westen und dem … ring im Osten im Geltungsbereich des Bebauungsplans „B.” in der Fassung der 4. Änderung vom 23.10.1978 und sind jeweils mit einem Wohnhaus und einem Nebengebäude an der südlichen Grundstücksgrenze bebaut. Das Nebengebäude des Klägers steht in der Südwestecke des Anwesens. Das Wohnhaus des Beigeladenen steht in der östlichen Grundstückshälfte; die kürzeste Entfernung zum Nebengebäude des Klägers beträgt 14 m. In der westlichen Hälfte des Grundstucks des Beigeladenen liegt eine größere Rasenfläche, die von Pflanzstreifen an den Grundstücksgrenzen eingefaßt ist. Beiderseits des … rings stehen kleinere Wohnhäuser vom gleichen Typ; die Bebauung wirkt recht einheitlich. In den Hausgärten der Anwesen zwischen der … Straße und dem … ring stehen Nebengebäude unterschiedlicher Art und Größe, die nach ihrem äußeren Eindruck mehr Freizeitzwecken als dem Gartenbau und der Tierhaltung dienen. Westlich der Großostheimer Straße stehen ein- bis zweistöckige größere Wohnhäuser.

2. Mit Bescheid vom 6.11.1968 (BV-Nr. 1174/68) erteilte das Landratsamt Aschaffenburg die Baugenehmigung für die Errichtung eines Wohnhauses und eine Stalles auf dem Grundstück des Klägers. Das genehmigte Stallgebäude mit einem Grundriß von 3 × 4 m war an der südlichen Grundstücksgrenze vorgesehen. Mit Bescheid vom 4.6.1974 untersagte das Landratsamt Aschaffenburg die Nutzung dieses Gebäudes als Pferdestall. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhob der Kläger Klage (Nr. W 58 V 75). Am 19.5.1976 fand ein gerichtlicher Augenschein statt. Der Vertreter des Freistaates Bayern sagte im Beweistermin zu, die Nutzungsuntersagung nicht vor Ablauf einer Frist von zwei Jahren zu vollstrecken, wenn der Kläger seine Klage zurücknehme. Der Kläger nahm seine Klage zurück; mit Beschluß vom 28.7.1976 wurde das Verfahren eingestellt.

Mit Bescheid vom 29.10.1982 (BV-Nr. 1463/82) erteilte das Landratsamt Aschaffenburg dem Kläger und seiner Ehefrau die Baugenehmigung für eine Erweiterung des Nebengebäudes. Im Bauplan ist der Bestand mit „Nebengebäude” und die Erweiterung mit „Anbau” bezeichnet. Mit Bescheid vom 17.1.1983 fugte das Landratsamt Aschaffenburg der Baugenehmigung vom 29.10.1982 folgende Auflage hinzu: „Eine Nutzung des Anbaus als Stall für Großtiere, insbesondere Pferde, Wird untersagt”. Mit Bescheid vom 4.8.1986 drohte das Landratsamt Aschaffenburg für den Fall der Nichtbeachtung der Nutzungsuntersagung ein Zwangsgeld an.

3. Mit Schreiben vom 11.8.1986 beantragte der Kläger die Baugenehmigung für eine Änderung der Nutzung „des vorhandenen Nebengebäudes BV-Nr. 1463/82”, nämlich für die Unterstellung eines Pferdes. Beigefügt waren eine Lageplan und ein Grundriß des betreffenden Gebäudes. Die Gemeinde … stimmte dem Vorhaben aufgrund des Beschlusses ihres Ferienausschusses vom 29.8.1986 zu. Mit Bescheid vom 10.11.1986 (BV-Nr. 1373/86) erteilte das Landratsamt Aschaffenburg dem Kläger die Baugenehmigung für die „Nutzungsänderung eines Nebengebäudes”. Im Text der Baugenehmigung heißt es: „Es liegen die Baupläne des Planfertigers – vom – zugrunde” und: „Mit diesem Bescheid wird die Unterstellung eines Pferdes in einem vorhandenen Nebengebäude ohne Umbauarbeiten genehmigt”. Im Bauakt sind ein Lageplan (Maßstab 1: 1.000) und ein Grundriß (Maßstab 1: 100) mit dem unterschriebenen Vermerk: „Dieser Plan liegt der Baugenehmigung vom 10.11.1986, BV-Nr. 1373/86 zugrunde”, eingeheftet. Das in den Plänen für die Erweiterung (BV-Nr. 1463/82) mit „Anbau” bezeichnete Gebäude ist mit Rostift hervorgehoben.

4. Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 18.11.1986 erhob der Beigeladene Widerspruch. Mit Bescheid vom 27.11.1986 hob das Landratsamt Aschaffenburg seine Zwangsgeldandrohung vom 4.8.1986 (Ziff. I) sowie seinen Bescheid vom 17.1.1983 (Ziff. II) auf, untersagte die Nutzung des Nebengebäudes als Pferdestall bis zur Unanfechtbarkeit der Baugenehmigung (Ziff. III), drohte für den Fall der Nichtbeachtung ein Zwangsgeld an (Ziff. IV) und erklärte die Ziff. III und IV für sofort vollziehbar (Ziff. V). Der Kläger erhob gegen die Ziff. III und IV dieses Bescheids Widerspruch und stellte bei Gericht den Antrag, die aufschiebende Wirkung wiederherzustellen. Mit Beschluß vom 22.12.1986 (Nr. W 6 S 86 1335) wies die Kammer diesen Antrag ab. Mit Widerspruchsbe...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge