Entscheidungsstichwort (Thema)

Duldungsbescheid. Anfechtung. Grundstücksübertragung. Eheleute. Verzicht auf Zugewinnausgleich. Entgeltlichkeit. Gläubigerbenachteiligung. wertausschöpfende Belastung. Rückgewährsanspruch aus § 11 Abs. 1 AnfG braucht die Behörde nicht nach den zivilrechtlichen Vorschriften im Wege der Klage (§13 AnfG) zu verfolgen. Verfolgung des Rückgewährsanspruchs der Behörde aus § 11 Abs. 1 AnfG nach den zivilrechtlichen Vorschriften im Wege der Klage (§ 13 AnfG). Annahme einer objektiven Gläubigerbenachteiligung bei der Möglichkeit der Vollstreckung zumindest wegen eines Teilbetrages seiner Forderung mit Erfolg in das Grundstücksvermörgen. Zeitpunkt des Vorliegens der Umstände für eine Gläubigerbenachteiligung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Den Rückgewährsanspruch aus § 11 Abs. 1 AnfG braucht die Behörde nicht nach den zivilrechtlichen Vorschriften im Wege der Klage (§ 13 AnfG) zu verfolgen; sie kann ihn nach öffentlichem Recht (§ 191 Abs. 1 Satz 1 AO) vielmehr durch Verwaltungsakt geltend machen.

2. Für die Annahme einer objektiven Gläubigerbenachteiligung (§§ 1 und 3 Abs. 2 AnfG) genügt es, dass der Anfechtende ohne die Grundstücksübertragung die realistische Chance gehabt hätte, zumindest wegen eines Teilbetrages seiner Forderung mit Erfolg in das Grundstücksvermörgen zu vollstrecken.

3. Maßgeblich für die Frage, ob die Übertragung des Grundstücks zu einer Gläubigerbenachteiligung geführt hat, sind ausschließlich die Umstände bei Vornahme der anfechtbaren Rechtshandlung.

 

Normenkette

AO § 191 Abs. 1; AnfG § 3 Abs. 2, § 11 Abs. 1, § 13; AO § 191 Abs. 1 S. 1

 

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

 

Gründe

Die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe beruht auf § 166 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in Verbindung mit §§ 114, 115 der Zivilprozessordnung (ZPO). Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die am 22. Juli 2010 erhobene Klage ist zwar zulässig, in der Sache jedoch unbegründet.

Der angegriffene Duldungsbescheid der Beklagten vom 16. Juni 2010, der Klägerin zugestellt am 22. Juni 2010, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1.

Rechtsgrundlage für den Duldungsbescheid ist § 191 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO), der nach § 1 Abs. 2 Nr. 4 AO für die Gewerbesteuer als Realsteuer entsprechend gilt, wenn deren Verwaltung – wie in Nordrhein-Westfalen – den Gemeinden übertragen worden ist. Nach dieser Bestimmung kann durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden, wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden.

Eine solche gesetzliche Duldungspflicht kann sich insbesondere aus dem Gesetz über die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Insolvenzverfahrens (AnfechtungsgesetzAnfG) ergeben. Gemäß § 11 Abs. 1 AnfG muss, soweit es zur Befriedigung des (Steuer-)Gläubigers erforderlich ist, diesem zur Verfügung gestellt werden, was durch eine anfechtbare Rechtshandlung aus dem Vermögen des (Steuer-)Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben wurde. Diese Regelung begründet die Pflicht des Anfechtungsgegners, der den Vermögensgegenstand erlangt hat, die Zwangsvollstreckung in den Gegenstand zu dulden. Der Anfechtungsgegner muss sich insoweit vom Anfechtungsgläubiger so behandeln lassen, als gehöre der weggegebene Gegenstand noch zum Vermögen des Schuldners. Diesen Rückgewährsanspruch aus § 11 Abs. 1 AnfG braucht die Behörde nicht nach den zivilrechtlichen Vorschriften im Wege der Klage (§ 13 AnfG) zu verfolgen; sie kann ihn nach öffentlichem Recht (§ 191 Abs. 1 Satz 1 AO) vielmehr durch Verwaltungsakt geltend machen. Der die Anfechtungsklage im Sinne des § 13 AnfG ersetzende Duldungsbescheid muss dabei die zu befriedigende Forderung, den betreffenden Vermögensgegenstand sowie die Art und Weise der Rückgewähr und den Anfechtungsgrund angeben; weiterhin müssen die allgemeinen und besonderen Anfechtungsvoraussetzungen vorliegen.

Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 18. April 1997 – 8 C 43.95 –, BVerwGE 104, 301 (316).

2.

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 16. Juni 2010 gibt den notwendigen Inhalt im vorgenannten Sinne hinreichend bestimmt wieder und ist, da die Klägerin mit Schreiben vom 25. März 2009 vor Erlass des Duldungsbescheides angehört wurde (vgl. Bl. 69 f. Beiakte/Heft 1), auch im Übrigen in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Die zu befriedigenden Gewerbesteuerforderungen wurden in den Gründen des Bescheids getrennt nach den jeweiligen Erhebungszeiträumen betragsmäßig ausgewiesen, so dass ohne Weiteres erkennbar ist, für welche Ansprüche die Vollstreckung zu dulden ist. Weiterhin wurden der von der Anfechtung betroffene Gegenstand (Grundstück B. Straße 269, 00000 F., eingetragen im Grundbuch von B., Gemarkung B., Flur 27, Flurstück 144) und die Art und Weise angegeben, wie die Rückgewähr erfolgen soll (Duldung der Zwangsvollstreckung in das Grundstück). Schließlich wurden auch die Anfechtungsg...

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