Entscheidungsstichwort (Thema)

Entzug der Fahrerlaubnis bei erneuter Trunkenheitsfahrt nach Erwerb einer nach Ablauf der in Deutschland verhängten Sperrfrist ausgestellten ausländischen Fahrerlaubnis

 

Leitsatz (amtlich)

1. Aufgrund des europarechtlichen Anwendungsvorrangs des Anerkennungsprinzips des Art. 1 Abs. 2 Richtlinie 91/439/EWG besteht für die deutschen Fahrerlaubnisbehörden grundsätzlich keine Handhabe, einer nach Ablauf einer in Deutschland wegen bestehender Eignungszweifel angeordneten Sperrfrist in einem anderen Mitgliedstaat erteilten Fahrerlaubnis allein wegen des Fortbestehens bzw. des Wiederauflebens dieser Zweifel die Berechtigungswirkung abzusprechen.

2. Fällt der Betreffende aber nach Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis erneut verkehrsrechtlich relevant auf und ist dieser Anlassfall von einem selbständigen Gewicht, kann auch die „Vorgeschichte” erläuternd herangezogen werden (siehe auch OVG Rheinland-Pfalz, Beschlüsse vom 11.09.2006, 10 B 10734/06 und vom 15.08.2005, 7 B 11021/05, jeweils zitiert nach Juris).

3. hier: erneute Trunkenheitsfahrt mit 1,08 Promille hat selbständiges Gewicht.

 

Normenkette

Richtlinie 91/439/EWG Art. 1 Abs. 2

 

Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

Der Streitwert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 29.08.2007, durch die die Fahrerlaubnis des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen aller Art entzogen, ihm untersagt wurde, in der Bundesrepublik Deutschland mit einer ausländischen Fahrerlaubnis Kraftfahrzeuge zu führen, und ihm unter Androhung der zwangsweisen Einziehung aufgegeben wurde, den am 11.08.2005 vom Magistrat Karlovy Vary in Tschechien ausgestellte Führerschein der Klassen A und B (Führerschein-Nr. EB 094805) innerhalb einer Woche beim Antragsgegner abzugeben, ist zulässig, insbesondere statthaft gem. § 80 Abs. 5 i. V. m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Zunächst hat der Antragsgegner die Anordnung der sofortigen Vollziehung in einer den Formerfordernissen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Weise damit begründet, dass ein Abwarten bis zur Ausschöpfung des Instanzenweges den Vollzug des Entziehungsbescheides auf unabsehbare Zeit vereiteln würde und der Antragsteller hierdurch weiterhin die Möglichkeit besäße, trotzt seiner Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen am öffentlichen Verkehr teilzunehmen.

Die vom Gericht in der Sache zu treffende Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO richtet sich danach, ob das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der angegriffenen behördlichen Verfügung gegenüber dem Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des von ihm eingelegten Rechtsbehelfs schwerer wiegt (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO). Im Rahmen dieser vom Gericht vorzunehmenden Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs ist in der Regel abzulehnen, wenn der Rechtsbehelf nach dem zum Entscheidungszeitpunkt gegebenen Erkenntnisstand aller Voraussicht nach erfolglos bleiben wird; bei offensichtlichen Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs überwiegt demgegenüber regelmäßig das Aussetzungsinteresse des Antragstellers.

Hiervon ausgehend, kann der Antragsteller die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs nicht beanspruchen, da die Rechtmäßigkeit der Verfügung im Rahmen der im vorliegenden Verfahren allein möglichen summarischen Überprüfung der Rechtslage im Ergebnis keinen durchgreifenden Zweifeln unterliegt.

Rechtsgrundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis ist § 3 Abs. 1 StVG i. V. m. § 46 Abs. 1 FeV. Danach ist die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies gilt insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Gemäß Ziffer 8.1 der Anlage 4 zur FeV sind Personen, die Alkoholmissbrauch betreiben, zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht geeignet, wenn das Führen von Kraftfahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden kann. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden gemäß § 46 Abs. 3 FeV die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung. Das bedeutet im Fall von Eignungszweifeln bei einer Alkoholproblematik, dass die Fahrerlaubnisbehörde dem Betreffenden gemäß § 13 FeV aufgeben kann, entweder ein ärztliches Gutachten zur Klärung der Frage einer bei ihm etwa bestehenden Alkoholabhängigkeit oder aber ein medizinisch-psychologi...

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