Vollstreckung der Räumung

Nach Ansicht des OLG Hamm kann die Vollstreckung eines Räumungsurteils, das der Vermieter aufgrund der Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs erwirkt hat, unzulässig sein, wenn der Vermieter mehrere Jahre aus dem Urteil nicht vollstreckt, sondern von dem Mieter, der auch nach Rechtskraft des Räumungsurteils weiterhin mit erheblichen Mietbeiträgen in Rückstand geraten ist, die Zahlung von Nutzungsentschädigungen verlangt und Zahlungen entgegengenommen hat, obwohl mehrfach die Vollstreckung des Räumungsurteils für den Fall der Nichtzahlung der rückständigen Miete angedroht worden ist.[1] Ob dies jedoch der Fall ist, richtet sich nach Ansicht des OLG Hamm nach den jeweils umfassend zu würdigenden Umständen des Einzelfalls.

Eine etwas abweichende Ansicht vertritt hierzu das LG Mönchengladbach[2]: Es ist der Meinung, dass auch 4 3/4 Jahre nach Ergehen eines Räumungsurteils und zwischenzeitlich mehrmaliger Rücknahme bereits eingeleiteter Zwangsvollstreckungsmaßnahmen der Vermieter berechtigt ist, die Räumung im Wege der Zwangsvollstreckung zu betreiben. Das Gericht begründet dies damit, dass der Vorwurf, der Vermieter verhalte sich insoweit rechtsmissbräuchlich, sonst dazu führen würde, dass der rücksichtsvolle Vermieter, der trotz Räumungstitel zugunsten des erneut zahlungssäumigen Schuldners nach erneutem Ausgleich der Rückstände auf die endgültige Durchführung der Zwangsvollstreckung verzichtet, gezwungen wird, künftig diese Rücksicht nicht mehr walten zu lassen und seine Rechte aus einem Räumungsurteil unnachsichtig sofort durchzusetzen, um nicht erstrittener Rechte verlustig zu gehen.[3]

Verwirkung der Kündigung

Auch das Kündigungsrecht des Vermieters und des Mieters unterliegt der Verwirkung. Dies gilt sowohl für die ordentliche als auch für die außerordentliche und fristlose Kündigung. Eine fristlose Kündigung ist daher nach allgemeiner Ansicht alsbald nach Kenntnis vom Kündigungsgrund auszusprechen. Durch die Schuldrechtsreform ist § 314 BGB neu eingeführt worden. Diese Bestimmung regelt die Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund. Gemäß § 314 Abs. 3 BGB kann der Berechtigte nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er von dem Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat. Hierbei ist eine angemessene Überlegungsfrist zuzubilligen. Eine einheitliche feste Ausschlussfrist in Anlehnung an § 626 Abs. 2 BGB besteht nicht. Vielmehr sind die Umstände des Einzelfalls entscheidend. Will der Mieter wegen Mängeln der Mietsache, die der Vermieter trotz Fristsetzung nicht beseitigt hat, fristlos kündigen, muss er diese Kündigung etwa einen Monat nach Ablauf der dem Vermieter gesetzten Frist zur Mängelbeseitigung aussprechen, da sonst das Kündigungsrecht verwirkt ist.[4] Andere Gerichte sind allerdings großzügiger bezüglich der Überlegungsfrist (2 bis 4 Monate ab Kenntnis, vgl. Sternel, Mietrecht aktuell, X Rn. 75).

Das OLG Frankfurt/M. wendet bei einer auf Vertragsverletzungen des Mieters gestützten Kündigung die Frist des § 626 Abs. 2 BGB entsprechend an.[5] Diese beträgt 2 Wochen ab Kenntnis des Kündigungsgrunds. Dies ist abzulehnen. Bei § 626 Abs. 2 BGB handelt es sich um eine auf das Arbeitsrecht zugeschnittene Sonderregelung, nicht um einen allgemeinen Rechtsgedanken.[6] Es ist vielmehr auch im Interesse des Mieters, wenn der Vermieter nicht unverzüglich die fristlose Kündigung ausspricht, sondern zunächst die weitere Entwicklung abwartet. Längeres Abwarten kann allerdings als Indiz für die Zumutbarkeit der Vertragsfortsetzung gewertet werden. Für die Frage der Rechtzeitigkeit der Ausübung des Kündigungsrechts kommt es daher auf die Umstände des Einzelfalls an. Bei Vertragsverstößen wie Störungen des Hausfriedens, bei denen es auf die Dauer und die Häufigkeit der Pflichtverletzung ankommt, können auch länger zurückliegende Vertragsverstöße herangezogen werden.[7]

 
Hinweis

Vollständiger Verzug mit Mietzahlung

Kommt der Mieter mit der Mietzahlung vollständig in Zahlungsverzug, ist der Vermieter ebenfalls nicht verpflichtet, sofort bei einem Rückstand mit 2 Monatsmieten die fristlose Kündigung auszusprechen. In diesem Fall entsteht das Kündigungsrecht Monat für Monat neu.[8]

Nicht zu lange abwarten

Bei sonstigen Vertragsverstößen kann dem Vermieter allerdings ein langes Abwarten nicht angeraten werden. So ist die Rechtzeitigkeit des Kündigungsausspruchs verneint worden bei Abwarten von 6 Monaten.[9] Teilweise nehmen die Gerichte noch kürzere Fristen an.[10]

 
Praxis-Tipp

Rechtzeitig kündigen

Zu empfehlen ist daher, i. d. R. 2 bis 3 Monate nach Kenntnis des Kündigungsgrunds zu kündigen.[11]

Wartet der Vermieter mit der gerichtlichen Geltendmachung des Räumungsanspruchs länger ab, kann ihm der Einwand der Verwirkung nicht entgegengehalten werden, so z. B. nach Ablauf von 9 Monaten nach der Kündigung.[12]

[1] OLG Hamm, RE v. 1.10.1981, 4 RE-Miet 6/81, WuM 1981 S. 257.
[3] Vgl. auch AG Hamburg, Urt...

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