3.3.1 Einfacher Mehrheitsbeschluss

Seit Inkrafttreten des WEMoG am 1.12.2020 sieht das Wohnungseigentumsgesetz nur noch eine einfach-mehrheitliche Beschlussfassung in der Wohnungseigentümerversammlung vor. Einzige Ausnahme bildet § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WEG für die Rechtsfolgenseite einer Kostenbelastung aller Wohnungseigentümer bei Maßnahmen baulicher Veränderung.

  • Es können alle Maßnahmen der baulichen Veränderung mit der (einfachen) Mehrheit der abgegebenen Stimmen beschlossen werden.
  • Auch die Entziehung des Wohnungseigentums muss nicht mehr mit absoluter Mehrheit beschlossen werden. Auch hier genügt die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen.
  • Entsprechendes gilt für Kostenverteilungsänderungen bei Erhaltungsmaßnahmen und solchen der baulichen Veränderung.
  • Mit Blick auf die Erhaltungsmaßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums, können die Wohnungseigentümer nunmehr auch dauerhafte Kostenverteilungsregelungen einfach-mehrheitlich beschließen.

Jede Wohnungseigentümerversammlung ist beschlussfähig

Von besonderer weiterer Bedeutung ist, dass seit Inkrafttreten des WEMoG kein Beschlussfähigkeitsquorum mehr existiert. Jede Wohnungseigentümerversammlung ist also beschlussfähig, auch wenn lediglich nur ein Wohnungseigentümer anwesend oder vertreten ist. Die Abstimmung erfolgt nach dem in der jeweiligen Eigentümergemeinschaft geltenden Stimmprinzip, also entweder nach dem gesetzlichen Kopfprinzip des § 25 Abs. 2 WEG oder einem abweichend hiervon vereinbarten Stimmprinzip, etwa nach Miteigentumsanteilen oder Objekten.

3.3.2 Qualifizierter Mehrheitsbeschluss

Einzige Bestimmung, die eine qualifizierte Mehrheit regelt, ist § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WEG. Werden bauliche Veränderungen mit einer Mehrheit von mehr als 2/3 der abgegebenen Stimmen und der Hälfte der Miteigentumsanteile beschlossen, sind die Kosten der Baumaßnahme von allen Wohnungseigentümern zu tragen, wenn die Kosten nicht unverhältnismäßig sind.

Doppelt qualifizierte Mehrheit

Für die Rechtsfolge einer Kostenbelastung sämtlicher Wohnungseigentümer müssen also 2 formelle Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Mehr als 2/3 der abgegebenen Stimmen müssen für die Maßnahme votieren.
  2. Die abgegebenen Stimmen müssen mehr als die Hälfte aller Miteigentumsanteile repräsentieren. Ob allerdings bereits exakt die Hälfte der Miteigentumsanteile ausreicht, ist heftig umstritten. Hier wird die Rechtsprechung für Klärung sorgen müssen.

Ein trotz verfehlter Mehrheit als zustande gekommen verkündeter Beschluss ist lediglich anfechtbar und nicht nichtig.

Qualifizierung aufgrund Vereinbarung

Sieht eine Gemeinschaftsordnung für bestimmte Verwaltungsmaßnahmen qualifizierte Mehrheitsquoren vor, ist in doppelter Hinsicht zu differenzieren:

  1. Wurde nur der Gesetzeswortlaut einer nicht mehr geltenden Bestimmung (§§ 16 Abs. 4, 18 Abs. 3 Satz 2, 22 Abs. 2 Satz 1 WEG a. F.) wiederholt, wird nach § 47 WEG widerlegbar vermutet, dass die Regelung nicht mehr gilt.
  2. Betrifft die in der Vereinbarung vorgeschriebene Qualifizierung eine gesetzliche Öffnungsklausel, wie insbesondere § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG, gilt die vereinbarte Qualifizierung nicht, da § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG die Kompetenz zur einfach-mehrheitlichen Beschlussfassung für eine auch von einer Vereinbarung abweichende Verteilung einzelner Kosten oder bestimmter Arten von Kosten einräumt und entsprechende Altvereinbarungen bereits nach § 16 Abs. 5 WEG a. F. unwirksam waren, mithin nicht als wirksam aufleben.

3.3.3 Einstimmiger Beschluss

Ein einstimmiger Beschluss liegt vor, wenn alle in der Wohnungseigentümerversammlung anwesenden und vertretenen Wohnungseigentümer dem Beschlussantrag zugestimmt haben. Das Wohnungseigentumsgesetz sieht eine einstimmige Beschlussfassung nicht vor. Allerdings kann vereinbart werden, dass (bestimmte) Beschlüsse der Einstimmigkeit bedürfen. Eine solche Regelung ist dann aber so auszulegen, dass es der Einstimmigkeit der in der Versammlung anwesenden bzw. vertretenen Wohnungseigentümer bedarf und nicht einer Allstimmigkeit im Sinne einer Zustimmung sämtlicher im Grundbuch eingetragener Wohnungseigentümer.

3.3.4 Allstimmiger Beschluss

Im Gegensatz zum einstimmigen Beschluss liegt ein allstimmiger Beschluss dann vor, wenn sämtliche im Grundbuch eingetragenen Wohnungseigentümer dem Beschlussantrag zustimmen. Das Wohnungseigentumsgesetz regelt das Erfordernis der Allstimmigkeit in § 23 Abs. 3 Satz 1 WEG zur Beschlussfassung im Umlaufverfahren. Im konkreten Einzelfall können die Wohnungseigentümer allerdings gemäß § 23 Abs. 3 Satz 2 WEG beschließen, dass eine abschließende Entscheidung durch mehrheitliche Beschlussfassung auch im Umlaufverfahren herbeigeführt werden kann.

3.3.5 Ein-Personen-Beschluss

Teilender Eigentümer

Nach § 9a Abs. 1 Satz 2 WEG entsteht die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auch im praxisrelevanten Fall der Teilung nach § 8 WEG bereits mit dem Anlegen der Wohnungsgrundbücher. Das Rechtsinstitut der "werdenden Eigentümergemeinschaft" existiert nicht mehr. Personen, die einen Anspruch gegen den teilenden Eigentümer

  1. auf Übertragung von Sondereigentum haben,
  2. zu deren Gunsten eine entsprechende Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen ...

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