Leitsatz

Die vorzeitige Abberufung eines Verwalters einer Wohnungseigentümergemeinschaft wegen gravierender Pflichtverletzungen mit der Folge, dass den Wohnungseigentümern eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr zugemutet werden kann, führt im Regelfall dazu, dass eine materiell-rechtliche Ermächtigung zu einem Forderungseinzug erlischt.

 

Fakten:

Die Verwalterin erwirkte in eigenem Namen gegen einzelne Wohnungseigentümer mehrere Zahlungstitel, denen Hausgeldforderungen und Sonderumlagen zugrunde lagen. Zur Prozessführung war sie im Verwaltervertrag ermächtigt worden. Durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung wurde sie mit einer Auslauffrist von zwei Monaten von ihrem Amt abberufen. Die Entscheidung wurde damit begründet, dass den Eigentümern aufgrund gravierender Pflichtverletzungen der Verwalterin eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr zumutbar sei. Die Zahlungstitel wurden noch zur Amtszeit erstritten. Die ehemalige Verwalterin betreibt mit Einverständnis des neuen Verwalters die Zwangsvollstreckung aus den Titeln. Die betroffenen Eigentümer haben hiergegen Vollstreckungsgegenklage erhoben. Diese war erfolgreich. Die Zwangsvollstreckung durch die Verwalterin war unzulässig. Zwar ist sie als Gläubigerin der Vollstreckungstitel berechtigt, die darin zuerkannten, materiell-rechtlich der Eigentümergemeinschaft zustehenden Ansprüche im eigenen Namen zu vollstrecken. Die Vollstreckung erweist sich aber als unzulässig, sofern den Ansprüchen eine beachtliche materiell-rechtliche Einwendung entgegensteht. Das ist hier der Fall. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass die vorzeitige Abberufung der Verwalterin auf gravierende Pflichtverletzungen gestützt wurde. Folge ist, dass den Eigentümern eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr zugemutet werden kann. In einem solchen Fall bleibt für die Annahme, der Verwalter sei auch nach seinem Ausscheiden zu einem Forderungseinzug ermächtigt, kein Raum. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass der Verwalter ab diesem Zeitpunkt keine Gelder mehr für die Gemeinschaft entgegennehmen darf und eine in dem Verwaltervertrag erteilte Einziehungsermächtigung erlischt.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 20.01.2012, V ZR 55/11BGH, Urteil vom 20.1.2012 – V ZR 55/11

Fazit:

Unerheblich ist insoweit ein erteiltes Einverständnis des neuen Verwalters damit, dass der Vorverwalter die Zwangsvollstreckung aus den auf ihren Namen lautenden Zahlungstiteln fortsetzt. Inhaberin der titulierten Ansprüche ist nämlich die Eigentümergemeinschaft, weshalb diese auch für die Erteilung einer erneuten Einziehungsermächtigung zuständig gewesen wäre. Insoweit sei jedoch angemerkt, dass ein entsprechender Beschluss in aller Regel in Konstellationen wie der vorliegenden, den Grundsätzen ordnungsgemäßen Verwaltung widersprechen dürfte.

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