Leitsatz

Zentrales Problem dieser Entscheidung war die Frage, ob gegen die Rechtsausübungssperre des § 1599 Abs. 1 BGB die unstreitige Nichtabstammung eines von der Ehefrau geborenen Kindes vom Ehemann die Unbilligkeit der Durchführung des Versorgungsausgleichs nach § 1587c Nr. 1 BGB begründen kann.

 

Sachverhalt

Die Parteien hatten im April 1978 geheiratet und waren durch Verbundurteil vom 9.5.2006 geschieden worden. Zuvor hatten sie bereits seit Oktober 1994 voneinander getrennt gelebt. Im Februar 1998 gebar die Ehefrau eine Tochter, deren tatsächliche Abstammung von ihrem Lebensgefährten unstreitig war. Seit Juli 1999 lebte die Ehefrau mit ihrem Lebensgefährten und ihrer Tochter in einer gemeinsamen Wohnung. Der Ehemann hatte die Vaterschaft nicht angefochten. Im Jahre 2004 hat die Ehefrau erstmalig Unterhaltsansprüche für das nicht von ihm abstammende Kind geltend gemacht. Seit August 2004 zahlte der Ehemann aufgrund eines entsprechenden Urteils monatlichen Kindesunterhalt von 249,00 EUR.

Das erstinstanzliche Gericht hat den Versorgungsausgleich durchgeführt und dem Begehren des Ehemannes, ihn nur beschränkt durchzuführen, nicht entsprochen.

Auf die Beschwerde des Ehemannes hat das OLG den Versorgungsausgleich hinsichtlich der Anrechte ausgeschlossen, welche die Ehegatten in der Zeit vom 1.11.1995 (Ablauf des Trennungsjahres) bis zum 31.3.2004 (Ende der Ehezeit) erworben hatten.

Hiergegen wandte sich die Ehefrau mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde und begehrte die Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung.

Ihr Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.

 

Entscheidung

Der BGH kam zu dem Ergebnis, dass gegen die Rechtsausübungssperre des § 1599 Abs. 1 BGB die unstreitige Nichtabstammung des Kindes vom Ehemann als ein weiterer Fall der groben Unbilligkeit nach § 1587c Nr. 1 BGB zu berücksichtigen sei.

In seiner Begründung hat er zunächst ausgeführt, dass eine lange Trennungszeit jedenfalls Anlass geben könne, den Ausschluss oder die Herabsetzung des Versorgungsausgleichs wegen grober Unbilligkeit zu überprüfen. Dabei hat er allerdings offen gelassen, ob die Trennungszeit von 10 Jahren bei einer Zeit des Zusammenlebens der Eheleute von 16,5 Jahren für sich allein eine Begrenzung oder den Ausschluss des Versorgungsausgleichs rechtfertigen würde. Er hat erneut daran festgehalten, dass es auch in Verfahren, an denen das Kind nicht unmittelbar beteiligt ist, grundsätzlich nicht zulässig sei, dessen nichteheliche Abstammung inzident geltend zu machen. Andererseits geben der Wandel der gesellschaftlichen Verhältnisse und die seit April 2008 bestehende Gesetzeslage Veranlassung, unter erleichterten Voraussetzungen Ausnahmen von der Rechtsausübungssperre zuzulassen. Im vorliegenden Fall sei die Nichtabstammung des Kindes vom Ehemann unstreitig, so dass anhand einer umfassenden Interessenabwägung eine Ausnahme von der Rechtsausübungssperre geboten sei.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Beschluss vom 25.06.2008, XII ZB 163/06

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