Leitsatz

Versagen andere Maßstäbe zur Bestimmung des Ehezeitanteils einer Versorgung, ist deren Höhe bei Erreichen der Altersgrenze zu ermitteln und diese im Verhältnis der Ehezeit zur Gesamtzeit aufzuteilen. Oft lässt die Versorgungssatzung allerdings den Eintritt in den Ruhestand in einem bestimmten Zeitraum zu mit unterschiedlicher Höhe für die verschiedenen Zeitpunkte des Rentenbeginns. Im Normalfall wird dabei die Versorgungshöhe für einen Ruhestand bei Vollendung des 65. Lebensjahres errechnet und mit Zuschlägen bzw. Abschlägen bei früherem oder späterem Beginn der Rentenzahlung. Die Praxis hat in diesen Fällen immer auf die übliche Altersgrenze abgestellt, obgleich insbesondere Freiberufler häufig darüber hinaus tätig sind.

 

Sachverhalt

Die Parteien stritten um die Durchführung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs. Sie hatten am 27.12.1968 geheiratet. Auf den Scheidungsantrag des Antragstellers hat das AG die Ehe der Parteien - nach Abtrennung des Verfahrens über den Versorgungsausgleich - rechtskräftig geschieden. Mit Beschluss vom 27.11.2001 hat es den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich durchgeführt.

In der Ehezeit hatten beide Parteien Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben. Der Ehemann hatte darüber hinaus während der Ehezeit Anwartschaften auf berufsständische Altersversorgung bei dem Notarversorgungswerk Hamburg erworben, die der Versorgungsträger für einen Rentenbeginn mit Vollendung des 65. Lebensjahres errechnet hatte.

Das AG hat den Versorgungsausgleich dahin geregelt, dass es neben dem Ausgleich der gesetzlichen Rentenanwartschaften im Wege des Rentensplittings ebenfalls zugunsten der Antragsgegnerin weitere Anwartschaften der Hamburgischen Notarversorgung im Wege der Realteilung ausgeglichen hat. Insoweit hat es die Hamburgische Notarversorgung verpflichtet, zum Ausgleich der dort von dem Ehemann bestehenden Versorgungsanwartschaften für die Ehefrau eine genau bezeichnete Lebensversicherung zur Begründung einer Jahresrente von 2.628,00 DM, beginnend mit dem 1.6.2001 und fällig mit Rentenbeginn am 1.10.2013 abzuschließen.

Gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich hat die Ehefrau Beschwerde eingelegt. Daraufhin hat das OLG die Entscheidung abgeändert, das Rentensplitting den neuen Auskünften der DRV Bund angepasst und im Übrigen die Hamburgische Notarversorgung verpflichtet, zu Lasten der für den Ehemann bestehenden Versorgungsanwartschaften zugunsten der Ehefrau, bezogen auf den 1. des auf die Rechtskraft der Scheidung folgenden Monats im Wege der Realteilung einen Lebensversicherungsvertrag abzuschließen zur Begründung einer monatlichen Rente i.H.v. 402,27 EUR mit Rentenzahlungsbeginn am 1.10.2010.

Hiergegen richtete sich die vom OLG zugelassene Rechtsbeschwerde der Ehefrau.

Ihr Rechtsmittel hatte in der Sache Erfolg.

 

Entscheidung

Die Rechtsbeschwerde der Ehefrau führte zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das OLG.

Der BGH hat in seiner Entscheidung die Praxis missbilligt, die Altersgrenze mit 65 anzunehmen, wenn die Höhe der Versorgung für diesen Zeitpunkt berechnet wird und für den freigestellten früheren oder späteren Renteneintritt Zu- oder Abschläge vorsieht. Vielmehr liege keine feste Altersgrenze vor. In Anlehnung an die Rechtsprechung zur vorgezogenen Altersgrenze bei Berufssoldaten und die aufgeschobene Altersgrenze von Notaren habe das Gericht aufgrund der konkreten Umstände die maßgebende Altersgrenze zu ermitteln und die Berechnung konkret darauf abzustellen.

Ferner kritisiere der BGH, dass das Berufungsgericht die externe Realteilung durch Begründung einer Rentenanwartschaft in der privaten Rentenversicherung gebilligt habe, ohne zu prüfen, ob die auszugleichende Versorgung des Notarversorgungswerkes Hamburg volldynamisch sei und ob die zum Ausgleich zu begründende Anwartschaft bei einer privaten Lebensversicherung dieselbe Dynamik besitze.

Aufgrund der Nachermittlungen müsse entschieden werden, ob die Realteilung in der vom Versorgungswerk vorgesehenen Weise durchzuführen sei oder ob stattdessen der Ausgleich in der gesetzlichen Form des Quasisplittings erfolgen müsse.

 

Hinweis

Aus der Entscheidung des BGH folgt, dass jedenfalls bei Freiberuflern mit variabler Altersgrenze die Gerichte zukünftig nicht mehr unbesehen die zum Maßstab von Zuschlag und Kürzung gewählte Altersgrenze verwenden dürfen. Vielmehr muss unter Berücksichtigung aller konkreten Umstände des Einzelfalls im Wege der Auslegung die maßgebende Altersgrenze bestimmt werden.

Der BGH hat weiter diverse Details in der Vorentscheidung des Berufungsgerichts beanstandet, bei denen sich das OLG auf die Auskunft des Versorgungsträgers verlassen hatte. Auch Auskünfte, die von einem öffentlich-rechtlich organisierten Versorgungsträger stammen, dürfen danach von Richtern und auch Rechtsanwälten der Entscheidung zum Versorgungsausgleich nicht ungeprüft zugrunde gelegt werden.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Beschluss vom 28.05.2008, XII ZB 1...

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