Rz. 400
Eine Ausnahme vom Grundsatz der Ausschließlichkeit stellt die sog. "Familienbegünstigung" dar. Eine Stiftung darf, soweit in der Satzung ausdrücklich vorgesehen, steuerunschädlich bis zu ein Drittel ihres Einkommens zum angemessenen Unterhalt des Stifters und seiner nächsten Angehörigen und zur Pflege ihrer Gräber und zur Ehrung ihres Andenkens verwenden (§ 58 Nr. 5 AO; ab 1.1.2014: § 58 Nr. 6 AO n. F.). Maßstab für die Angemessenheit ist nach Auffassung der Finanzverwaltung der Lebensstandard des Zuwendungsempfängers.[549]
Rz. 401
Die steuerunschädliche Versorgung von Familienmitgliedern ist auf die nächsten Angehörigen begrenzt. Der Begriff der nächsten Angehörigen ist enger als der Begriff der Angehörigen nach § 15 AO. Unter den nächsten Angehörigen sind nach Ansicht der Finanzverwaltung nur der Ehegatte, die Eltern, Großeltern, Kinder, Enkel, Geschwister, Pflegeeltern und Pflegekinder zu verstehen.[550] Dagegen zählen zu den Abkömmlingen nicht die Abkömmlinge der Enkel des Stifters sowie seine Nichten und Neffen. Die Einschränkung auf die nächsten Angehörigen wird vielfach kritisiert.[551] Gegen die Begrenzung auf Kinder und Enkel sprechen vor allem die Einbeziehung aller Abkömmlinge bei der Steuerklasse I der Erbschaftsteuer (§ 15 Abs. 1 ErbStG) und die "Ewigkeit" der Stiftung.[552] Eine Unterstützung hilfsbedürftiger Angehöriger des Stifters darf nicht der alleinige Zweck der Stiftung nach ihrer Satzung sein.[553]
Rz. 402
Die Drittel-Regelung hat in der Praxis eine geringe Bedeutung. Das liegt u. a. an dem Wort "angemessen".[554] Dieses Tatbestandsmerkmal kann zu sehr unterschiedlichen Auffassungen auf Seiten der Stifterfamilie und der Finanzverwaltung führen. Während die Finanzverwaltung auf den Lebensstandard des Zuwendungsempfängers,[555] abstellt, wird im Schrifttum zum Teil auf die Lebensführung des Stifters bei Errichtung der Stiftung,[556] u. U. unter Berücksichtigung der Höhe und Ertragskraft des auf die Stiftung übertragenen Vermögens[557] abgestellt.
Rz. 403
Einigkeit besteht insofern, als für die Unterhaltsleistungen nach § 58 Nr. 5 AO (ab 1.1.2014: § 58 Nr. 6 AO n. F.) die wirtschaftliche Bedürftigkeit des Leistungsempfängers vorausgesetzt wird.[558] Sowohl Wortlaut als auch Sinn und Zweck der Regelung sprechen dafür, dass die Begünstigung nächster Familienangehöriger nur dann steuerlich unschädlich ist, wenn deren Lebensunterhalt nicht mit den sonstigen Mitteln der Stifterfamilie gewährleistet werden kann.
Rz. 404
Die Einschränkung auf die nächsten Angehörigen läuft indes dann leer, wenn der zu Unterhaltende selbst zum Stifter (Zustifter) gemacht wird, indem er selbst oder der Testamentsvollstrecker für ihn der Stiftung Vermögen zustiftet.[559]
Steuerlicher Nachteil der Familienbegünstigung
Bei der Satzungsgestaltung ist zu bedenken, dass die Familienbegünstigung nicht nur eine steuerunschädliche Möglichkeit der Familienbegünstigung darstellt, sondern sich auch steuerlich nachteilig auswirken kann, da sie etwa ein Erlöschen der Erbschaft- und Schenkungsteuerpflicht gem. § 29 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 ErbStG ausschließen kann.[560] In der Regel ist der Stifter daher gut beraten, nur den Teil seines Vermögens auf die Stiftung zu übertragen, von dem er sich endgültig trennen kann ohne die finanzielle Absicherung der Familie zu gefährden.
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