Rz. 80

Die Ausgleichung beruht darauf, dass der Erblasser ein Testament errichtet hätte, wenn er nicht gewollt hätte, dass seine Abkömmlinge an seinem Vermögen zu gleichen Teilen beteiligt werden. Eine Ausgleichung[79] soll erfolgen, wenn die Abkömmlinge des Erblassers von ihm noch zu dessen Lebzeiten unentgeltliche Zuwendungen in unterschiedlicher Höhe erhalten haben. Die Ausgleichung löst diese Ungleichheit auf. Ausgleichungspflicht bedeutet, dass im Erbfall die einzelnen Abkömmlinge des Erblassers den Wert der von ihm unentgeltlich erhaltenen lebzeitigen Zuwendungen dem Nachlasswert zuzurechnen haben; der derart festgestellte (ergänzte) Nachlasswert wird nach den Erbteilen verteilt. Hat ein Abkömmling vom Erblasser so große Zuwendungen unter Lebenden erhalten, dass diese den Wert seines Erbteils erreichen bzw. übersteigen, so wird sein Anspruch auf Beteiligung am Nachlass als befriedigt betrachtet; er ist allerdings zur (teilweisen) Rückerstattung des Mehrwerts der Vorempfänge nicht verpflichtet.[80]

 

Rz. 81

Die Ausgleichung ist in erster Linie bei der gesetzlichen Erbfolge zulässig. Sie wird ferner in dem Falle angewendet, wenn mehrere Abkömmlinge gemeinsam aufgrund eines Testaments je einen Anteil erben, der ihren jeweiligen gesetzlichen Erbteilen entspricht.[81]

 

Rz. 82

Auszugleichen ist nur diejenige Zuwendung, die der Abkömmling vom Erblasser mit der Bedingung der Ausgleichungspflicht[82] erhalten hat. Die gewöhnlichen Geschenke und der Unterhalt der bedürftigen Angehörigen sind von der Ausgleichungspflicht gesetzlich befreit,[83] und zwar selbst gegen den Willen des Erblassers.

 

Rz. 83

Eine wesentliche Frage ist, welcher Wert der lebzeitigen Zuwendung bei der Ausgleichung zu berücksichtigen ist. Nach dem Gesetz ist i.d.R. von dem zur Zeit der Zuwendung maßgebenden Wert auszugehen. Ist dieser schwer unbillig, kann das Gericht bewilligen, dass – unter Beachtung der Umstände – ein anderer Wert der Zuwendung berücksichtigt wird.[84]

[79] Ungarisch: "osztályrabocsátás".
[80] § 7:57 Abs. (4) Ptk.
[81] § 7:56 Abs. (2) Ptk.
[82] Einschließlich auch derjenigen lebzeitigen Zuwendungen, die der Erblasser – nach seinem mutmaßlichen Willen – mit einer Ausgleichungspflicht gegeben hat.
[83] § 7:56 Abs. (3) Ptk.
[84] § 7:57 Abs. (2) Ptk.

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