1 Leitsatz

Auch eine einmalige nachhaltige Störung des Hausfriedens seitens des Mieters in Form eines von ihm getätigten Notrufs mit verleumderischem Inhalt zum Nachteil eines anderen Mieters oder Hausbewohners kann eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung rechtfertigen.

2 Normenkette

§§ 543 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2, 546 BGB

3 Das Problem

Der Vermieter kann ein Mietverhältnis aus wichtigem Grund fristlos kündigen, wenn ihm unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens des Mieters und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen, die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Ein wichtiger Grund liegt auch dann vor, wenn der Mieter den Hausfrieden nachhaltig stört (§ 569 Abs. 2 BGB).

4 Die Entscheidung

In dem vom LG München I entschiedenen Fall verständigte der beklagte Mieter die Polizei mit der Behauptung, in der Nachbarwohnung würden regelmäßig Nazi-Parolen gegrölt. Sätze wie "Merkel raus, Neger raus, Deutschland den Deutschen" wären deutlich zu hören.

Nach umfassender Beweiserhebung und Beweiswürdigung durch das AG München, dem das LG München I in der Berufungsinstanz folgte, kam das Gericht zu der Überzeugung, dass der Notruf wohl wegen einer Ruhestörung erfolgte; die behaupteten Gründe allerdings verleumderischen Inhalts waren.

Die dadurch erfolgte Störung des Hausfriedens berechtigt den Vermieter allerdings erst dann zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses, wenn die Störung nachhaltig und auch schwerwiegend ist. Kurze bzw. einmalige Störungen des Hausfriedens sind für eine fristlose Kündigung grundsätzlich nicht ausreichend. Allerdings kann unter bestimmten Umständen auch ein einmaliger Vorfall den Hausfrieden so schwer stören, dass unter Abwägung aller gegenseitigen Interessen eine Fortsetzung des Mietverhältnisses für den Vermieter nicht zumutbar ist.

Dies kann der Fall sein bei einer einmaligen, aber nachhaltigen Störung des Hausfriedens seitens des Mieters in Form eines von ihm getätigten Notrufs mit verleumderischen Inhalt zum Nachteil eines anderen Mieters oder Hausbewohners. Behauptet ein Mieter im Rahmen eines polizeilichen Notrufs wissentlich erfundene Tatsachen (hier: ein weiterer Mieter würde eine "große Nazi-Party" feiern) und löst dadurch einen größeren Polizeieinsatz bei den Mitmietern aus, kann wegen dieser massiven Störung des Hausfriedens eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung gerechtfertigt sein.

5 Entscheidung

LG München I, Beschluss v. 13.7.2023, 14 S 6310/23

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