Rz. 3

Das ukrainische Recht unterscheidet nicht zwischen Aufhebbarkeit und Nichtigkeit der Ehe. Vielmehr unterscheidet der Gesetzgeber zwischen der absoluten Nichtigkeit (Art. 39 FGB), der Nichtigkeit, die gerichtlich festgestellt werden muss (Art. 40 FGB), und Fällen, in denen die Nichtigkeit durch ein Gericht festgestellt werden kann (Art. 41 FGB). Von den nichtigen Ehen sind die Ehen zu unterscheiden, die als nicht geschlossen gelten. Eine Ehe gilt als nicht geschlossen, wenn die Eheschließung in Abwesenheit der Braut oder des Bräutigams vorgenommen wurde. Die standesamtliche Eintragung einer solchen Ehe wird aufgrund einer entsprechenden gerichtlichen Entscheidung auf Antrag einer daran interessierten Person gelöscht (Art. 48 FGB).

 

Rz. 4

Absolut nichtig sind:

Doppelehen;
Ehen zwischen Verwandten in gerader – aufsteigender oder absteigender – Linie sowie zwischen Geschwistern;
Ehen mit Personen, die gerichtlich für geschäftsunfähig erklärt worden sind.

In diesen Fällen wird die standesamtliche Eintragung der Ehe auf Antrag einer daran interessierten Person gelöscht (Art. 39 Abs. 4 FGB). Die vorherige Auflösung der Ehe durch Tod eines der Ehegatten oder Scheidung ist unbeachtlich (Art. 39 Abs. 6 FGB). Eine Doppelehe wird durch Auflösung der vorher geschlossenen Ehe wirksam (Art. 39 Abs. 5 FGB).

 

Rz. 5

Die Ehenichtigkeit ist gem. Art. 40 Abs. 1, 2 FGB gerichtlich festzustellen, wenn:

einer der Ehegatten die Ehe nicht aus freiem Willen geschlossen hat, z.B. weil er an einer schweren psychischen Störung litt, wegen Alkohol- oder Drogenmissbrauchs oder eines sonstigen toxisch bedingten Rausches die Bedeutung seiner Handlungen nicht völlig verstehen oder diese nicht steuern konnte, oder weil er durch körperliche oder psychische Gewalt zur Eheschließung gezwungen wurde;
die Ehe von einem oder beiden Ehegatten nur zum Schein eingegangen wurde. Eine Ehe gilt als Scheinehe, wenn sie von einem oder beiden Ehegatten ohne die Absicht der Gründung einer Familie und des Erwerbs der Rechte und Pflichten von Ehegatten geschlossen wurde.

Die Nichtigkeitsklage ist abzuweisen, wenn zur Zeit der mündlichen Verhandlung die Umstände entfallen sind, die für eine unfreiwillige Eheschließung oder eine Scheinehe sprechen (Art. 40 Abs. 3 FGB).

 

Rz. 6

Ein angerufenes Gericht kann die Ehenichtigkeit unter Berücksichtigung der Schwere der Verletzung der Rechte und Interessen eines der Ehegatten, der Dauer des ehelichen Zusammenlebens, der Beziehungen zwischen den Ehegatten und sonstiger Umstände von wesentlicher Bedeutung gem. Art. 41 Abs. 1, 2 FGB in folgenden Fällen feststellen:

bei Ehen zwischen Adoptivelternteil und Adoptivkind ohne vorherige Aufhebung der Adoption;
bei Ehen zwischen Cousin und Cousine oder Tante (Onkel) und Neffe (Nichte);
bei Verheimlichung einer schweren Krankheit durch einen der Ehegatten oder einer Krankheit, die für den anderen Ehegatten oder die Nachkommen gefährlich ist;
bei nicht genehmigten Ehen von Personen, die das Ehefähigkeitsalter noch nicht erreicht haben.

Die Nichtigkeitsklage ist – außer in den Fällen einer verheimlichten Krankheit – abzuweisen, wenn die Frau schwanger ist oder aus der Verbindung bereits ein Kind hervorgegangen ist. Bei Ehen von Minderjährigen ist sie abzuweisen, wenn im Nachhinein das Ehefähigkeitsalter erreicht oder die gerichtliche Genehmigung erteilt wurde (Art. 41 Abs. 3 FGB). Klageberechtigt sind die Ehegatten selbst, aber auch andere Personen, deren Rechte durch die Eheschließung verletzt worden sind. Sofern die Rechte und Interessen eines Kindes oder eines Geschäftsunfähigen oder nicht voll Geschäftsfähigen betroffen sind, kann die Klage von dessen Vertreter, von der Vormundschafts- und Pflegschaftsbehörde oder von der Staatsanwaltschaft erhoben werden (Art. 42 FGB). Ehenichtigkeitsklagen verjähren wie alle familienrechtlichen Klagen grundsätzlich nicht (Art. 20 Abs. 1 FGB).

 

Rz. 7

Aus einer nichtigen Ehe (Art. 39 FGB) sowie einer gerichtlich für nichtig erklärten Ehe (Art. 40, 41 FGB) erwachsen grundsätzlich keine ehelichen Rechte und Pflichten (Art. 45 Abs. 1 FGB). Unter Umständen zeitigt jedoch auch eine nichtige Ehe bestimmte Rechtsfolgen. Keine Auswirkungen hat die Ehenichtigkeit z.B. auf die Rechtsstellung eines aus der Verbindung hervorgegangenen Kindes (Art. 47 FGB). Am Vermögen, das während der nichtigen Ehe erworben wurde, besteht gemeinsames Bruchteilseigentum der Parteien, wobei sich die Höhe der Bruchteile jeweils nach dem Beitrag zum Vermögenserwerb durch Arbeit oder sonstige Mittel richtet (Art. 45 Abs. 2 FGB). Ferner regelt Art. 45 FGB in den Absätzen 3 bis 5 Rechtsfolgen, die für die Partei gelten, die von dem Ehehindernis Kenntnis hatte und dies der anderen Partei oder dem Standesamt verschwiegen hat (vgl. Art. 45 Abs. 6 FGB):

Zahlungen, die diese Partei während der nichtigen Ehe als Ehegattenunterhalt erhalten hat, können von der anderen Partei für die vergangenen drei Jahre als ungerechtfertigte Bereicherung zurückgefordert werden;
ein aufgr...

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