Rz. 70

Ein Ehegatte ist berechtigt, den gemeinsamen Haushalt so lange aufzuheben, als seine Persönlichkeit, seine wirtschaftliche Sicherheit oder das Wohl der Familie durch das Zusammenleben ernstlich gefährdet ist. In der Praxis kommt es häufig vor, dass ein Ehegatte den anderen hinsichtlich des Familienvermögens vor vollendete Tatsachen stellt, wenn das Zusammenleben nicht mehr funktioniert. Der Schutz der schwächeren Partei als Maxime des (Familien-)Rechts gebietet es, dass der Gesetzgeber mit bestimmten Instrumentarien dieser Entwicklung entgegentritt. Das Gericht hat die Geldbeträge, die ein Ehegatte dem anderen beisteuern muss, festzusetzen, wenn dies von einer der Parteien beantragt wird und die Unterbrechung des Zusammenlebens berechtigt ist. In diesem Falle muss das Gericht außerdem die Benutzung der Wohnung und des Hausrats und, wenn die Umstände es rechtfertigen, den Güterstand regeln.

 

Rz. 71

Der schweizerische Gesetzgeber verpflichtet das Gericht in diesem Fall, Gütertrennung anzuordnen (Art. 176 Abs. 1 Nr. 3 schwZGB). Der türkische Gesetzgeber lässt dem Gericht die Freiheit, zwischen anderen Güterstandsformen des Gesetzes eine Wahl zu treffen. Jedoch wird es in der Praxis darauf hinaus laufen, dass die Gerichte die Gütertrennung anordnen, weil die anderen Güterstandsformen sowohl für die Betroffenen als auch für die Richterschaft kompliziert sind. Ein Ehegatte kann die Unterbrechung des Zusammenlebens auch begehren, wenn der andere das Zusammenleben grundlos ablehnt oder[94] das Zusammenleben aus einem anderen Grund unmöglich ist.

[94] Dem Wort wird im schwZGB mit dem Wort "wenn" begegnet, womit dieser Nebensatz konditional zu dem vorherigen Satz steht (Art. 176 Abs. 2 schwZGB). Daraus macht der türkische Gesetzgeber zwei alternative Gründe. Somit hat das Gericht mehr Flexibilität, das Getrenntleben anzuordnen.

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