Entscheidungsstichwort (Thema)

Vollbeschäftigte Arbeitnehmer bei Tarifverträgen gem. § 15 c BAT-O

 

Leitsatz (amtlich)

Die von einem bezirklichen oder örtlichen Tarifvertrag gem. § 15 c BAT-O erfaßten Arbeitnehmer sind bei einer Herabsetzung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 auf 37 Stunden als vollbeschäftigte Arbeitnehmer im Sinne des Tarifvertrages über vermögenswirksame Leistungen an Angestellte vom 08.05.1991 (TV VL Ang-O) anzusehen.

 

Normenkette

BAT-O §§ 15, 15c, 34, 39; TV VL Ang-O § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Jena (Entscheidung vom 23.03.1995; Aktenzeichen 4 Ca 347/94)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin als vollbeschäftigte Arbeitnehmerin im Sinne des BAT-O anzusehen ist und ihr deshalb eine Jubiläumszuwendung und vermögenswirksame Leistungen in voller Höhe zustehen

Die am 19.4.1943 geborene Klägerin ist bei der Beklagten als Erzieherin beschäftigt. Am 1.7.1991 schlossen die Parteien einen Arbeitsvertrag, der die Fortführung des bisherigen Arbeitsverhältnisses vorsah und der in § 1 die Vereinbarung enthält, daß die Klägerin als vollbeschäftigte Angestellte mit einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden auf unbestimmte Zeit beschäftigt wird. Auf das Arbeitsverhältnis findet der BAT-O Anwendung, die Parteien gehören den vertragsschließenden Verbänden an und der BAT-O ist überdies individualvertraglich vereinbart worden

Im Oktober 1994 schlossen die Beklagte und die Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr, Kreisverwaltung J. einen Tarifvertrag, der mit „Tarifvertrag zu § 15 c BAT-O” (im folgenden: TV J.) überschrieben ist Dieser hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

㤠1 Geltungsbereich

Dieser Tarifvertrag gilt für die in dem nachstehend näher umschriebenen Bereich beschäftigten Arbeitnehmer der Stadt J. (Arbeitgeber):

Das sind diejenigen Arbeitnehmer, die in Kindereinrichtungen im Sinne des § 1 Abs. 2, 3 des Thüringer Gesetzes über Tageseinrichtungen für Kinder tätig sind und auf die der 6. Tarifvertrag zur Änderung der Anl. 1 a zum BAT (Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst) vom 19.6.1970 in der Neufassung des Tarifvertrages zur Änderung der Anl. 1 a zum BAT vom 24.4.1991 (VKA-Vergütungsordnung) Anwendung findet

§ 2 Besondere regelmäßige Arbeitszeit

(1) Die durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit im Sinne des § 15 Abs. 1 BAT-O beträgt ausschließlich der Pausen für die von § 1 erfaßten Arbeitnehmer

a) für die Zeit vom 1.10.1994 bis 30.6.1995

37 Stunden

b) für die Zeit vom 1.7.1995 bis 15.3.1996

32 Stunden

(2)…

(3) Die unter Absatz 1 fallenden Arbeitnehmer erhalten von der Summe der Vergütung (§ 26 BAT-O) und der in Monatsbeträgen festgelegten Zulagen den Teil, der dem Verhältnis entspricht, in dem die für sie geltende Arbeitszeit zu der Arbeitszeit steht, die für sie ohne Anwendung dieses Tarifvertrages gelten würde Satz 1 gilt nicht für Zulagen nach § 33 a BAT-O.

(4) Neben den nach Absatz 3 zustehenden Bezügen erhält der Arbeitnehmer einen Teillohnausgleich. Der Teillohnausgleich beträgt für die Zeit vom 1.10.1994 bis zum 30.6.1995 einmalig DM 200,– …”

Die Beklagte zahlte an die Klägerin für 25jährige Beschäftigungszeit im Oktober 1994 eine Jubiläumszuwendung in Höhe von DM 555,– brutto.

In den Monaten Oktober und November 1994 zahlte die Beklagte an die Klägerin DM 12,03 brutto als vermögenswirksame Leistungen.

Bei beiden Leistungsarten nahm die Beklagte eine Kürzung um 3/40 gegenüber der tariflich vorgesehenen Leistung vor, da die Klägerin seit dem 1.10.1994 nur noch 37 Stunden wöchentlich arbeitete.

Die Klägerin hat in der der Beklagten am 12.12.1994 zugestellten Klage vor dem Arbeitsgericht die Auffassung vertreten, ihr stünden die beiden Leistungen in voller Höhe zu. Sie sei tariflich als vollbeschäftigte Arbeitnehmerin anzusehen Sie hat deshalb die Differenz zur tariflich vorgesehenen Jubiläumszuwendung von DM 600,– und zu den vermögenswirksamen Leistungen von DM 13,– monatlich verlangt.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie DM 46, 94 brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich daraus ergebenden Nettobetrag seit dem 12.12.1994 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, die Klägerin sei nicht als vollbeschäftigte Arbeitnehmerin im tariflichen Sinne anzusehen, weshalb sie die entsprechenden Leistungen um 3/40 habe kürzen dürfen Dies ergebe sich aus § 2 Abs. 1 BeschFG, der den Begriff der Teilzeitbeschäftigung dahingehend definiere, daß die Beschäftigungszeit solcher Arbeitnehmer kürzer sei als die regelmäßige Wochenarbeitszeit vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer. Die Angestellten der Beklagten aber arbeiteten gem. § 15 BAT-O üblicherweise 40 Std. pro Woche. Auch der tariflich vereinbarte Teillohnausgleich spreche dafür, daß die nach dem TV Jena kürzer beschäftigten Arbeitnehmer Teilzeitkräfte seien Außerdem sei die Beklagte in der Kalkulation vor Abschluß des TV J. stets davon ausgegangen, Jubiläumszuwendungen, vermögenswirksame Leistungen etc. ante...

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