Entscheidungsstichwort (Thema)

Weihnachtsgratifikation. Rückzahlungsvorbehalt

 

Leitsatz (amtlich)

1) Auslegung einer Rückzahlungsklausel (Weihnachtsgratifikation)

2) Der Rückzahlungsanspruch richtet sich auf den Bruttobetrag der Gratifikation

 

Normenkette

BGB §§ 242, 611

 

Verfahrensgang

ArbG Suhl (Urteil vom 12.10.2001; Aktenzeichen 6 Ca 680/01)

 

Tenor

1) Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Suhl vom 12.10.2001, Az.: 6 Ca 680/01, abgeändert.

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Versäumnisurteils des Arbeitsgerichts vom 18.09.2001 verurteilt, an die Klägerin 1.099,28 EUR nebst 5 % Zinsen hieraus seit 04.04.2001 zu bezahlen.

2) Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen mit Ausnahme der Kosten, die durch die Säumnis der Klägerin im Termin vom 18.09.2001 entstanden sind; diese Kosten trägt die Klägerin.

3) Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Rückzahlung einer Weihnachtsgratifikation.

Die Beklagte war bei der Klägerin seit dem 07.01.1991 als Arzthelferin beschäftigt. § 2 Ziff. 2 des Arbeitsvertrages lautet:

Die Arbeitnehmerin erhält eine jederzeit widerrufliche Weihnachtsgratifikation bis zu einem Monatsgehalt, wenn sie am 30. November im Arbeitsverhältnis steht und während des gesamten Jahres Entgelt erhalten hat. Anderenfalls erhält sie einen entsprechenden Anteil. Voraussetzung ist, dass dieses Arbeitsverhältnis nicht in der Zeit bis einschließlich 31. März des folgenden Jahres aus einem groben Verschulden oder auf eigenen Wunsch der Arbeitnehmerin endet. Die bereits gewährte Gratifikation ist dann in voller Höhe zurückzuzahlen. Dies gilt nicht bei Ausscheiden wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus Altersgründen oder schwerer Krankheit oder einer Schwangerschaft der Arbeitnehmerin.

Die arbeitsvertragliche Kündigungsfrist beträgt nach zehn Beschäftigungsjahren fünf Monate zum Ende des Kalendervierteljahres.

Die Klägerin zahlte an die Beklagte mit dem Gehalt für den Monat November 2000 eine Weihnachtsgratifikation in Höhe des damals bezogenen Monatsgehaltes von 2.150,00 DM brutto.

Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 15.02.2001 zum 31.03.2001 gekündigt. Die Klägerin hat die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 28.02.2001 darauf hingewiesen, dass das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der arbeitsvertraglichen Kündigungsfrist erst zum 30.09.2001 beendet werden kann. Sie hat die Beklagte zur Arbeitsleistung bis zum Kündigungstermin aufgefordert und vorsorglich Schadensersatzansprüche angekündigt. Die Beklagte hat an der Kündigung zum 31.03.2001 festgehalten. Die Beklagte hat ab 01.04.2001 ein Arbeitsverhältnis als Krankenschwester im Kreiskrankenhaus begründet.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei zur Rückzahlung der Weihnachtsgratifikation verpflichtet. Sie hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.150,00 DM brutto nebst 4 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Gegen die Klägerin erging am 18.09.2001 ein die Klage abweisendes Versäumnisurteil. Gegen dieses ihr am 28.09.2001 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 25.09.2001 Einspruch eingelegt.

Das Arbeitsgericht hat das Versäumnisurteil aufrechterhalten. Es hat die klageabweisende Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass die Rückzahlungsklausel auf den rechtlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses abstelle. Dies ergebe sich daraus, dass die Verpflichtung zur Rückzahlung nicht davon abhängig gemacht worden sei, dass der Empfänger der Zahlung innerhalb einer bestimmten Frist „nicht ausscheidet”, sondern vielmehr davon, dass innerhalb der bezeichneten Frist „dieses Arbeitsverhältnis nicht … endet”.

Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt. Die Beklagte macht vorsorglich geltend, dass die Klägerin lediglich den ihr zugeflossenen Nettobetrag zurückverlangen könne.

Von der weiteren Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist begründet. Der Klage ist unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 18.09.2001 stattzugeben.

Der Klägerin steht ein Anspruch auf Rückzahlung der für das Jahr 2000 gezahlten Weihnachtsgratifikation zu, da die Voraussetzungen des vertraglich vereinbarten Rückzahlungsvorbehaltes erfüllt sind. Das Arbeitsverhältnis hat auf eigenen Wunsch der Beklagten bis einschließlich 31.03.2001 geendet.

Das Gericht hält die vom Arbeitsgericht gefundene Auslegung der vertraglichen Rückzahlungsklausel für unzutreffend.

Die Auslegung einer Willenserklärung richtet sich nach § 133 BGB. Danach ist bei Auslegung einer Willenserklärung der wirkliche Wille zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Gem. § 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Nach diesen Auslegungsregeln kann für den Rückzahlungsvorbehalt nicht darauf abgestellt werden, ob das Arbeitsverhältnis auch in seinem rechtlichen Bestand am 3...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge