Leitsatz

  1. Terrassenvorbau auf einer sondergenutzten Hangfläche vor einem Haus in einer Blockhausanlage optisch nachteilig und beseitigungspflichtig
  2. Nichtiger bzw. teilnichtiger Beschluss über die Aufstellung einer Gemeinschaftsordnung, wenn dort eine generelle Abweichung von § 22 Abs. 1 WEG mit Dauerwirkung festgelegt wurde
 

Normenkette

(§§ 14, 15, 22, 23 WEG; § 1004 BGB)

 

Kommentar

  1. Ein Blockhauseigentümer hatte auf abfallender, sondergenutzter Hangfläche eine Terrasse auf Stahlstützen errichtet. Schon 1991 wurde in einer Eigentümerversammlung eine Gemeinschaftsordnung beschlossen. U.a. wurde dort geregelt, dass bauliche Veränderungen jedenfalls der Zustimmung des anderen Miteigentümers eines Blockhauses bedürften und eine solche Zustimmung nur bei berechtigtem Grund versagt werden könnte. I.Ü. seien behördliche Genehmigungen vom Eigentümer einzuholen und zusammen mit der Zustimmung des Miteigentümers am gemeinsamen Blockhaus dem Verwalter vorzulegen.
  2. Das Beseitigungsverlangen kann hier nicht auf diese Passage der Gemeinschaftsordnung gestützt werden, da der Beschluss über die Aufstellung der Gemeinschaftsordnung insoweit jedenfalls nichtig ist; es fehlt hierfür den Eigentümern an der Beschlusskompetenz. Zwar ist ein Beschluss über eine bauliche Veränderung nach der Rechtsprechung des BGH (Grundsatzentscheidung des BGH v. 20.9.2000, V ZB 58/99, NJW 2000, 3500) nicht nichtig; dies bezieht sich jedoch nur auf einen Beschluss über eine konkrete Baumaßnahme. Die hier getroffene Vereinbarung setzt jedoch in Abweichung von § 22 Abs. 1 WEG besondere Bedingungen und besondere Rechtsfolgen für bauliche Veränderungen generell und mit Dauerwirkung fest; es handelt sich deshalb nicht um einen Beschluss über einen Einzelfall, sondern um eine gesetzesändernde Regelung. Der Beschluss der Eigentümer erschöpft sich nicht in sich selbst, sondern dient der Legitimierung weiterer Maßnahmen (vgl. Wenzel, NZM 2004, 543).
  3. Ein Beseitigungsanspruch ergibt sich auch nicht daraus, dass eine möglicherweise erforderliche Baugenehmigung fehlt. Nach der Rechtsprechung des BGH v. 21.12.2000, V ZB 45/00, NZM 2001, 196 und des Senats (BayObLG v. 14.2.2002, 2Z BR 138/01, NZM 2003, 114) begründet nicht jeder Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften einen über das unvermeidliche Maß hinausgehenden Nachteil im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG.
  4. Der Beseitigungsanspruch (§ 1004 Abs. 1 BGB, § 15 Abs. 3 WEG) ergibt sich jedoch im vorliegenden Fall daraus, dass das optische Erscheinungsbild der Anlage durch die vorgenommene bauliche Veränderung beeinträchtigt wurde und auch durch den Terrassenvorbau ein intensiverer Gebrauch ermöglicht wird. Das Vorliegen eines unvermeidbaren Nachteils wurde hier vom Tatrichter beurteilt; an diese Würdigung ist der Senat gebunden, wenn sie nicht von Rechtsfehlern beeinflusst ist (h.R.M.).
 

Link zur Entscheidung

(BayObLG, Beschluss vom 26.08.2004, 2Z BR 088/04)

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