Das Wichtigste in Kürze:

1. Über Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Vollstreckung entscheidet das Gericht (§ 458 Abs. 1 StPO).
2. Bei einer Doppelbestrafung kommen Wiederaufnahme des Verfahrens, Verfassungsbeschwerde und ein Antrag des Verurteilten, die Vollstreckung für unzulässig zu erklären, in Betracht; die wohl überwiegende Rechtsprechung präferiert die "Vollstreckungslösung".
3. Amnestien können auf die in einem Urteil festgesetzten Rechtsfolgen Einfluss haben und wirken sich auf rechtskräftig abgeschlossene Verfahren aus.
4. Personen, die Immunität genießen, sind im Wesentlichen die Mitglieder des Bundestages, des Europäischen Parlaments und der gesetzgebenden Körperschaften der Bundesländer.
5. Auch die durch rechtskräftiges Urteil festgelegten Sanktionen unterliegen einer Verjährung, deren Fristablauf zu einem Vollstreckungshindernis führt.
6. Der Grundsatz der Spezialität besagt, dass gegen ausgelieferte Personen Vollstreckungsmaßnahmen nur bezüglich solcher Straftaten zulässig sind, die sie vor ihrer Auslieferung begangen haben und auf die sich die Auslieferung bezieht.
 

Rdn 445

 

Literaturhinweise:

Röttle/Wagner, Strafvollstreckung, 8. Aufl. 2009

Kamann, Handbuch für die Strafvollstreckung und den Strafvollzug, 2. Aufl. 2008, Rn 278 ff.

Volckart/Pollähne/Wagner, Verteidigung in Vollstreckung und Vollzug, 4. Aufl. 2008, Rn 50 ff.

 

Rdn 445a

1. Über Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Vollstreckung entscheidet das Gericht (§ 458 Abs. 1 StPO). Damit ist allerdings nicht gemeint, dass ausschließlich den Richter Vollstreckungshindernisse interessieren. Zuvor werden diese selbstständig von der Vollstreckungsbehörde geprüft, die regelmäßig bei Vorliegen eines solchen Hindernisses die Sanktion nicht vollstrecken wird.

 

Rdn 446

2. Eine Doppelbestrafung – mehrfache Verurteilungen regelmäßig durch deutsche Strafgerichte – wegen derselben (prozessualen) Tat i.S. des § 261 StPO – kommt durchaus vor, wenn Polizeibehörden, Staatsanwälte und Richter den prozessualen Tatbegriff verkennen.

 

Rdn 447

a) Ist ein Strafklageverbrauch durch eine Verurteilung eingetreten, verstößt eine nachfolgende Verurteilung und Vollstreckung gegen Art. 103 GG. Da aber das nachfolgende Urteil nicht nichtig ist, kommt im Rahmen der Vollstreckung nur der Antrag des Verurteilten in Betracht, die Vollstreckung aus dem späteren Urteil für unzulässig zu erklären (§ 458 StPO).

 

Rdn 448

b) Auch internationale Übereinkommen regeln das Verbot der doppelten Strafverfolgung und sind als von Amts wegen zu berücksichtigende Strafverfolgungshindernisse zu beachten. Gemeint sind damit Fälle einer Entscheidung eines ausländischen Gerichts, die das dieselbe Tat aburteilt. Das verfassungsrechtliche Verbot des ne bis in idem aus Art. 103 Abs. 3 GG bezieht sich nach überwiegender Lesart nur auf inländische Strafurteile und es stellt auch keinen allgemeinen Grundsatz des Völkerrechts dar (BVerfG StraFo 2008, 151 ff.; → Internationale Vollstreckung, Allgemeines, Teil B Rdn 673 m.w.N.).

 

Rdn 449

Einschlägige völkerrechtliche Übereinkommen im Rahmen der Europäischen Union sind

das Übereinkommen vom 25.5.1987 zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften über das Verbot der doppelten Strafverfolgung (BGBl 1998 II, S. 2226, 2002 II, S. 600 – ne bis in idem – Übk.),
Das Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ) vom 19.6.1990, in Deutschland seit dem 26.3.1995 in Kraft.
 

☆ Art. 54 SDÜ greift das allgemeine Verbot der Doppelbestrafung auf; Probleme wirft hier häufig die Definition der rechtskräftigen Aburteilung auf ( Fischer , § 51 Rn 16 a). Die Rspr. lässt nur abschließende gerichtliche Entscheidungen gelten (vgl. u.a. EuGH NJW 2003, 1173; 2011, 983; BGH NStZ 1998, 149, 152; vgl. wegen der Einzelh. zu Art. 54 SDÜ Burhoff , EV, Rn 1877 ff. m.w.N.). greift das allgemeine Verbot der Doppelbestrafung auf; Probleme wirft hier häufig die Definition der rechtskräftigen Aburteilung auf (Fischer, § 51 Rn 16 a). Die Rspr. lässt nur abschließende gerichtliche Entscheidungen gelten (vgl. u.a. EuGH NJW 2003, 1173; 2011, 983; BGH NStZ 1998, 149, 152; vgl. wegen der Einzelh. zu Art. 54 SDÜ Burhoff, EV, Rn 1877 ff. m.w.N.).

 

Rdn 450

c) Häufiger beschäftigt die Praxis der Fall einer fehlerhaften Gesamtstrafenbildung; im neuen Gesamtstrafenbeschluss werden die Auflösung und der Wegfall des ursprünglichen Gesamtstrafenbeschlusses nicht erwähnt, mit der Folge, dass nunmehr zwei vollstreckbare, teilidentische Titel vorliegen. Die drohende erneute Vollstreckung ist durch die Berichtigung des letzten Beschlusses – analog einer solchen bei der Urteilsformel – zu verhindern.

 

Rdn 451

3. Amnestien können auf die in einem Urteil festgesetzten Rechtsfolgen Einfluss haben und wirken sich auf rechtskräftig abgeschlossene Verfahren aus: Normen bewirken die Erledigung von Maßregeln und den (teilweisen) Erlass von Strafen. Es bestehen Mitteilungspflichten gem. § 14 BZRG. Die bekannteste und regelmäßig wiederkehrende Amnestie ist die Weihnachtsamnestie (→ Gnade, Allgemeines, Teil ...

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