Das Wichtigste in Kürze:

1. Ist ein Verfahren mit einer Verurteilung rechtskräftig abgeschlossen, beginnt die Phase der Strafvollstreckung.
2. Zuständiges Organ ist grundsätzlich der Rechtspfleger bei der StA; nur in bestimmten Fällen ist der Staatsanwalt mit Vollstreckungstätigkeiten befasst.
3. Die wesentlichen Vorschriften zur Strafvollstreckung finden sich in den §§ 449 ff. StPO, §§ 38 ff., 56 ff., 67 ff. StGB.
4. In entsprechender Anwendung der §§ 140 ff. StPO kommt auch im Vollstreckungsverfahren die Bestellung eines Pflichtverteidigers in Betracht.
5. In Vollstreckungsverfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende, in denen Jugendstrafrecht Anwendung gefunden hat, wird gem. §§ 82 ff. JGG der Jugendrichter als Vollstreckungsleiter tätig.
6. Ggf. hat auch eine Entscheidung darüber zu ergehen, wie mit sichergestellten Gegenständen/Asservaten zu verfahren ist.
 

Rdn 427

 

Literaturhinweise:

Kamann, Handbuch für die Strafvollstreckung und den Strafvollzug, 2. Aufl. 2008, Rn 3 ff.

Röttle/Wagner, Strafvollstreckung, 8. Aufl. 2009

Volckart/Pollähne/Wagner, Verteidigung in Vollstreckung und Vollzug, 4. Aufl. 2008, Rn 1 ff.

 

Rdn 428

1. Ist ein Verfahren mit einer Verurteilung rechtskräftig abgeschlossen, beginnt die Phase der Strafvollstreckung. Hierbei handelt es sich nicht um Justizgewährung i.e.S., sondern um eine exekutive Vollstreckungstätigkeit, die kraft Gesetzes der StA grundsätzlich übertragen ist (§ 451 StPO). Etwas anderes gilt im Bereich der Jugendkriminalität, da hier gem. §§ 82 ff. JGG die Jugendgerichte als Vollstreckungsbehörden tätig werden. Die StA ist lediglich Vollstreckungsbehörde; sie hat auf den Strafvollzug und dessen Ausgestaltung grds. keine Einwirkungsmöglichkeiten.

 

Rdn 429

2.a) Im Wesentlichen wird die Vollstreckung der verhängten Strafen und Geldbußen gem. § 31 Abs. 2 S. 1 RPflG durch den Rechtspfleger betrieben. Der Staatsanwalt ist – jedenfalls bei Vollstreckung einer Geldstrafe – i.d.R. nur insoweit befasst, als er spätestens nach Rechtskraft des Urteils oder Strafbefehls eine Entscheidung über noch vorhandene Asservate trifft und die Akte sodann dem Rechtspfleger zur Einleitung der Vollstreckung zuschreibt. Die Maßnahmen, die der Realisation einer strafgerichtlichen Verurteilung dienen, sind von der faktischen Umsetzung freiheitsentziehender Strafen – ihrem Vollzug – strikt zu trennen: Im Vollzug dominiert der Resozialisierungsgedanke und die Wiedereingliederung zum primären Vollzugsziel; der Gedanke eines reinen Verwahrvollzuges wird immer stärker in den Hintergrund gedrängt.

 

Rdn 430

b) Vorlagepflichten innerhalb der StA sind in § 32 Abs. 2a und 2b RpflG geregelt. In den Fällen des Abs. 2b kann, in denen des Abs. 2a muss der Rechtspfleger die Sache dem Staatsanwalt vorlegen. Die Missachtung der Beteiligungspflicht wirkt sich allerdings nicht auf die Wirksamkeit der Maßnahme aus. Etwas anderes gilt nur bezüglich solcher Aufgabenkreise, die dem Rechtspfleger nicht übertragen worden sind oder nicht übertragen werden können: Hier ordnet § 8 Abs. 4 S. 1 RpflG deren Unwirksamkeit an; bei der umgekehrten Fallkonstellation – Staatsanwalt nimmt Rechtspflegerfunktionen wahr – wirkt sich dies gem. § 8 Abs. 1 RpflG nicht auf die Wirksamkeit der Entscheidung aus.

 

Rdn 431

3. Die wesentlichen Vorschriften zur Strafvollstreckung finden sich in den §§ 449 ff. StPO. Regelungen zur Berechnung der Strafen, zur Strafaussetzung sowie zur Maßregelvollstreckung enthalten die §§ 38 ff., §§ 56 ff. sowie §§ 67 ff. StGB. Wichtige weitere Rechtsquellen stellen das Straf- und das Maßregelvollzugsgesetz sowie die Justizbeitreibungsordnung dar. Der Staatsanwalt ist gefragt, wenn Einwendungen gegen die Entscheidungen des Rechtspflegers erhoben werden. Gem. § 31 Abs. 6 RPflG entscheidet der Staatsanwalt in den Fällen, in denen ein anderer Rechtsbehelf gegen die Maßnahme des Rechtspflegers nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften (z.B. § 23 EGGVG) nicht gegeben ist.

 

☆ Erfahrungsgemäß bereitet das Vollstreckungsrecht dem noch unerfahrenen Strafjuristen häufig erhebliche Schwierigkeiten. In Problemfällen ist es ratsam , zunächst den Rechtspfleger anzusprechen , der auf diesem Gebiet Spezialwissen besitzt, bevor beispielsweise zeitaufwändige Recherchen zur Klärung einer Zuständigkeitsfrage durchgeführt werden.ratsam, zunächst den Rechtspfleger anzusprechen, der auf diesem Gebiet Spezialwissen besitzt, bevor beispielsweise zeitaufwändige Recherchen zur Klärung einer Zuständigkeitsfrage durchgeführt werden.

 

Rdn 432

4. Das Gesetz sieht die Bestellung eines Pflichtverteidigers im Vollstreckungsverfahren nicht vor. Das ursprüngliche Mandat endet – von wenigen Eilmaßnahmen abgesehen – regelmäßig mit der Rechtskraft der Entscheidung. Nach zutreffender Auffassung ist die Mitwirkung eines Verteidigers in entsprechender Anwendung von § 140 Abs. 2 StPO aber dann geboten, wenn zur Vorbereitung einer bedeutsamen Entscheidung (z.B. Aussetzung einer lebenslangen Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel) e...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge