4.6.5.1 Erhaltung (Instandhaltung und Instandsetzung)

Sondereigentümer haben seit 1.12.2020 wegen Änderungen des materiellen Rechts nunmehr die Beschlusskompetenz für eine von der Teilungserklärung abweichende Kostenverteilung (vgl. § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG). Die Wohnungseigentümer können für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine vom WEG oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung beschließen. Diese Kompetenz der Eigentümer umfasst insbesondere auch den Austausch von Fenstern, die sich im Bereich des Sondereigentums eines Miteigentümers befinden.[1]

 
Praxis-Beispiel

Kostentragung durch alle Miteigentümer

Die Wohnanlage verfügt über eine Tiefgarage, wobei nicht jeder Raumeigentumseinheit ein Stellplatz zugeordnet ist. Hinsichtlich der Kostenverteilung enthält die Teilungserklärung lediglich die Wiederholung der Regelung des § 16 Abs. 2 WEG, wonach diese nach Miteigentumsanteilen zu erfolgen hat. Der Rolltormechanismus des Garagentors ist defekt und muss repariert werden. Nach dem gesetzlichen Kostenverteilungsschlüssel müssten die Kosten der Rolltorsanierung auf alle Wohnungseigentümer nach Miteigentumsanteilen verteilt werden, unabhängig davon, ob allen Wohnungseigentümern ein Stellplatz zugeordnet ist oder nicht. Gleiches würde gelten, wenn eine Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung zwar einen hiervon abweichenden Kostenverteilungsschlüssel jedoch keine entsprechende Ausnahmeregelung für diejenigen Wohnungseigentümer enthält, denen kein Stellplatz zugeordnet ist.

Die Wohnungseigentümer können künftig im Hinblick auf die Bestimmung des § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG regeln, dass die Verteilung der Erhaltungs- bzw. Instandsetzungskosten nur unter denjenigen Wohnungseigentümern bzw. Teileigentümern erfolgt, denen ein Sondernutzungsrecht an den Stellplätzen eingeräumt ist. Eine derartige Kostenverteilung entspricht ganz unzweifelhaft ordnungsmäßiger Verwaltung, da gerade sie den Gebrauchsmöglichkeiten am ehesten entspricht. Die Wohnungseigentümer müssen diese Beschlussfassung über die Erhaltungs- bzw. Instandsetzungskosten nicht herbeiführen; sie können die Kosten auch weiterhin nach dem geltenden gesetzlichen oder vereinbarten Kostenverteilungsschlüssel umlegen.

 
Praxis-Beispiel

Kostentragung durch Eigentümer mit Sondernutzungsrecht

Wie voriges Beispiel, nur hatten die Wohnungseigentümer durch spätere Vereinbarung geregelt, dass die Kosten für die Erhaltung (Instandhaltung und Instandsetzung) der Tiefgarage nur unter denjenigen Wohnungseigentümern zu verteilen sind, zugunsten derer ein Sondernutzungsrecht an den Stellplätzen begründet wurde. Die Wohnungseigentümer können in diesem Beispiel die über § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG eröffnete Beschlusskompetenz hinsichtlich der Verteilung der Sanierungskosten nicht derart missbrauchen, dass die Kosten dieser Maßnahme – entgegen der Vereinbarung – von allen Wohnungseigentümern zu tragen sind, also auch von denjenigen, zu deren Gunsten kein Sondernutzungsrecht an Stellplätzen begründet ist. Eine derartige Beschlussfassung würde sich gerade nicht mehr nach dem Gebrauch des Gemeinschaftseigentums richten und widerspräche den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung.

Ein derartiger Beschluss wäre aber nicht von Anfang an nichtig, er wäre lediglich anfechtbar. Soweit hierdurch benachteiligte Wohnungseigentümer den Beschluss nicht innerhalb der nunmehr in § 45 WEG geregelten Beschlussanfechtungsfrist von einem Monat nach Beschlussfassung anfechten, erwächst dieser in Bestandskraft und bindet dann auch die benachteiligten Wohnungseigentümer.

[1] AG Hamburg-St. Georg, Urteil v. 25.6.2021, 980a C 31/20, ZMR 2021 S. 774.

4.6.5.2 Modernisierung

Entsprechend der Beschlusskompetenz über Modernisierungsmaßnahmen als Spezialfall der baulichen Veränderung gem. § 20 WEG, haben die Wohnungseigentümer nach § 21 Abs. 5 WEG die Kompetenz, über die Verteilung der Kosten derartiger Maßnahmen ebenfalls mit einfacher Mehrheit abweichend vom gesetzlichen oder vereinbarten Kostenverteilungsschlüssel zu beschließen.

Der Wegfall der Sonderregelung des § 22 Abs. 2 WEG a. F. erleichtert im Ergebnis die Umsetzung von Modernisierungsmaßnahmen seit 1.12.2020. Ein Wohnungseigentümer ist im Rahmen einer Modernisierung seines Sondereigentums unter Eingriff in das Gemeinschaftseigentum nicht verpflichtet, den bestehenden Zustand zu optimieren. Solche Eingriffe sind z. B. trotz Entfernung des alten Estrichs kein erheblicher Eingriff in die Gebäudesubstanz. Es muss dann nur der Schallschutz zur Zeit der Errichtung des Gebäudes eingehalten werden.

 
Praxis-Beispiel

Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge

Nach erstmaliger Herstellung einer Ladeeinrichtung verlangt ein Wohnungseigentümer deren Modernisierung, da es inzwischen technische Weiterentwicklungen der Ladetechnik gab. Er stützt sein Verlangen auf § 20 Abs. 2 Nr. 2 WEG.

Die grundsätzliche Beschlusskompetenz zum Modernisieren der Ladetechnik in der WE-Anlage ist zu bejahen. Die Verteilung der Kosten derartiger Modernisierungsmaßnahmen inklusive der Folgekosten erfolgt nach § 21 WEG.

Im Übrigen handelt es sich bei den Kosten für die Nu...

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