Leitsatz

Die subjektiven Wünsche einer Betreuten bei der Vermietung ihres Einfamilienhauses haben Vorrang vor einer objektiv vernünftigen Betrachtung.

 

Fakten:

Die Hauseigentümerin leidet nach einem Schlaganfall an Demenz und steht unter der Betreuung ihrer Söhne. Diese wollten das Haus vermieten. Die Betreute lehnt die Vermietung ab, weil sie bald in ihr Haus zurückkehren werde, wo ihr - tatsächlich bereits verstorbener - Ehemann noch wohne. Die Betreuer machen geltend, es sei auszuschließen, dass die Betreute jemals in ihr Haus zurückkehre. Außerdem sei der Mietvertrag jederzeit wegen Eigenbedarfs kündbar. Das Gericht bestätigt die gerichtlich aufgehobene Genehmigung der Vermietung, da sie dem subjektiven Wohl der Betreuten widerspricht. Die Betreute ist hier, ohne sich einschränken zu müssen, auch bei einer Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes in der Lage, die mit einem Leerstand des Hauses verbundenen Kosten von ihren eigenen Einkünften zu decken. Ausreichend ist hier, dass sich die Lebensqualität der Betreuten gedanklich dadurch verbessert, dass das Haus, das sie gemeinsam mit ihrem Ehemann geschaffen hat, jederzeit für ihre Rückkehr zur Verfügung steht und nicht von unbekannten Dritten bewohnt ist.

 

Link zur Entscheidung

Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 23.05.2001, 2 W 8/01

Fazit:

Die Erhaltung und Mehrung des Vermögens ist, insbesondere bei betagten Betreuten, nicht in jedem Falle mit dem Wohl des Betreuten gleichzusetzen. Der Betreuer darf aber Wünschen nicht nachkommen, deren Verwirklichung Rechtsgüter des Betreuten gefährden, die im Rang über den vom Wunsch verfolgten Interessen stehen oder wenn der angemessene Unterhalt in Gefahr gerät.

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