Rz. 166

Das Recht der Testamentsvollstreckung richtet sich – auch nach Inkrafttreten der EuErbVO – weiterhin nach innerstaatlichem Recht.[202]

 

Rz. 167

Das spanische Recht kennt zunächst die Rechtsfigur des Testamentsvollstreckers (albacea; Art. 892 CC) sowie die des Nachlassteilers (contador/partidor; Art. 1057 CC). Der Erblasser kann eine oder mehrere Personen als Universal- oder Einzeltestamentsvollstrecker berufen; sie können auch nacheinander oder gesamtschuldnerisch ernannt werden (Art. 894 CC). Dem Testamentsvollstrecker spanischen Rechts kommt eine ähnliche Funktion zu wie dem deutschen; in der rechtlichen Ausgestaltung zeigen sich jedoch Unterschiede. Testamentsvollstrecker kann nur werden, wer geschäftsfähig ist (Art. 893 CC).

 

Rz. 168

Der Aufgabenbereich des Testamentsvollstreckers nach Art. 902 CC lässt sich wie folgt umschreiben:[203] "Die Durchführung des Begräbnisses des Erblassers sowie die Bestellung und die Bezahlung der Totenmesse; die Auszahlung der in Bargeld bestehenden Vermächtnisse; die Überwachung der Ausführung aller übrigen letztwilligen Anordnungen, gegebenenfalls auch die Erhaltung der Wirksamkeit des Testaments im Rechtsweg; die Vorsichtsmaßnahmen für die Erhaltung und Aufbewahrung der Güter unter Beteiligung der anwesenden Erben zu treffen".[204]

 

Rz. 169

Die Testamentsvollstreckung verdrängt nicht die Aktivlegitimation der Erben für die Geltendmachung der nachlassgegenständlichen Ansprüche gegenüber Dritten.[205]

 

Rz. 170

Der vom Erblasser zum Testamentsvollstrecker Berufene kann das Amt annehmen oder ablehnen. Lehnt er nicht fristgerecht – innerhalb von sechs Tagen ab Kenntniserlangung – ab, gilt das Amt als angenommen (Art. 898 CC). Ein Verzicht auf das Amt ist nur aus einem – nach Prüfung durch den Rechtspfleger (secretario judicial) oder den Notar – gerechtfertigten Grund zulässig (Art. 899 CC). Bei Nichtannahme oder ungerechtfertigtem Verzicht verliert er das ihm vom Erblasser Zugedachte; ihm verbleibt allein sein Noterbteil (Art. 900 CC). Im Übrigen ist der spanische albacea nicht befugt, über Nachlassgegenstände zu verfügen (vgl. Art. 907 CC),[206] es sei denn, der Erblasser hat die entsprechende Befugnis ausdrücklich erteilt (Art. 901 CC). Der Testamentsvollstrecker kann somit durch den Erblasser insbesondere zur Veräußerung von Nachlassgegenständen befugt werden.[207]

 

Rz. 171

Die Tätigkeitsdauer des Testamentsvollstreckers ist grundsätzlich auf ein Jahr befristet, wenn auch mit Verlängerungsmöglichkeit (Art. 904 CC). Über seine Tätigkeit hat der Testamentsvollstrecker grundsätzlich den Erben gegenüber Rechenschaft abzulegen (Art. 907 CC). Die Ausübung seines Amtes erfolgt grundsätzlich unentgeltlich, doch kann der Erblasser eine ihm angemessen erscheinende Vergütung aussetzen (Art. 908 CC). Das Amt endet durch Tod, Unvermögen, Amtsniederlegung, gerichtlich angeordnete Absetzung des Testamentsvollstreckers sowie durch den Ablauf der vom Erblasser gesetzten, ersatzweise der vom Gesetz vorgesehenen oder von den Beteiligten vereinbarten Frist (Art. 910 CC). In vorgenannten Fällen obliegt die Ausführung des letzten Willens dann den Erben, auch wenn der Testamentsvollstrecker das Amt nicht angenommen hat (Art. 911 CC).

 

Rz. 172

Bei gerichtlichen Erbauseinandersetzungen (Art. 782 ff. LEC 2000)[208] besteht die Möglichkeit, einen Nachlassverwalter (administrador de la herencia) zu ernennen. Sein Amt ist beim Grundbuchamt eintragbar (Art. 797 (3) LEC 2000); er vertritt den Nachlass (Art. 798 LEC 2000), hat den Nachlass zu verwalten. Er ist jedoch grundsätzlich[209] nicht zur Verfügung über den Nachlass berechtigt (Art. 803 LEC 2000).

 

Rz. 173

Innerstaatliche Behörden orientieren sich, wenn es um die Abwicklung von Nachlässen auf ihrem eigenen Gebiet geht, naturgemäß zunächst an den ihnen bekannten Rechtsfiguren des eigenen Rechts. Verständlich sind daher Schwierigkeiten, wenn im Einzelfall eine fremde Rechtsordnung maßgeblich ist, welche andere Gestaltungsformen vorsieht.[210]

 

Rz. 174

Auch unter Geltung der EuErbVO ist es denkbar, dass international zuständige deutsche Nachlassgerichte bei Geltung spanischen Erbrechts aufgrund Rechtswahl ein Testamentsvollstreckerzeugnis nach spanischem Erbrecht ausstellen müssen (§ 2368 BGB). Dieses sollte jedoch im Hinblick auf die Unzulässigkeit der sog. Dauertestamentsvollstreckung nach spanischem Recht die Befugnisse des Testamentsvollstreckers und die beschränkte Dauer seines Amtes zum Ausdruck bringen.[211] Hierzu gehört auch die – im Gegensatz zum deutschen Recht – nicht ohne entsprechende Anordnung des Erblassers nicht gegebene Verfügungsbefugnis des spanischen albacea über das Nachlassvermögen (Art. 901 CC).

[202] Das grundsätzlich einschlägige Haager Abkommen über die internationale Abwicklung von Nachlässen vom 2.10.1973 (dazu ausführlich Lipstein, RabelsZ 1975, 29–55; siehe auch Kegel/Schurig, § 21 V 3 d, S. 1029 f.) ist bislang für keinen der hier beteiligten Staaten in Kraft getreten.
[203] Vgl. Rudolph, MittRhNotK 1990, 100.
[204] Vgl. O’Callag...

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