Rz. 127

Der Gerichtskommissar eröffnet das Hauptverfahren, wenn die materiellrechtlichen Voraussetzungen vorliegen und keine Gründe für die Einstellung des Verfahrens vorliegen.[79] Nach Bestimmung des Kreises der in Betracht kommenden Erben benachrichtigt der Notar im Sinne des § 189 FGG diese über die Erbschaft und belehrt über die Möglichkeit und die Folgen einer Ausschlagung der Erbschaft. Die Benachrichtigung samt der Belehrung ist den Erben zu eigenen Händen zuzustellen, sofern dies nicht mündlich vorgenommen und protokolliert wird.

 

Rz. 128

Weiterhin ist im Laufe des Hauptverfahrens das Nachlassverzeichnis über die Nachlassgegenstände bzw. -verbindlichkeiten zu erstellen. Haben der Erblasser und dessen Ehegatte im gesetzlichen Güterstand der Gütergemeinschaft gelebt, wird die Erstellung des Verzeichnisses über Aktiva und Passiva der Erbschaft durch die Auseinandersetzung dieses Gesamtgutes[80] im Rahmen des Hauptverfahrens bedingt. Das Vermögen aus der ehelichen Gütergemeinschaft wird durch die Vereinbarung (schriftlich oder mündlich zu Protokoll) zwischen den Erben und dem hinterlassenen Ehegatten auseinandergesetzt. Kommt eine solche Vereinbarung nicht zustande, setzt das Gericht die Gütergemeinschaft auseinander.

 

Rz. 129

Die Auseinandersetzung einer nichtüberschuldeten Erbschaft ist von der Anzahl der Erben abhängig. Ist nur ein Erbe vorhanden, so bestätigt das Gericht im Sinne des § 481 BGB, dass die Erbschaft zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers auf diesen Erben übergegangen ist. Falls mehrere Erben zur Erbschaft berufen wurden, bevorzugt das Gesetz eine Auseinandersetzung der Erbschaft zwischen diesen Erben durch eine vor dem Notar abgeschlossene Vereinbarung.[81] Sollte allerdings eine solche Vereinbarung zwischen den Erben nicht zustande kommen oder wird sie von dem Gericht abgelehnt, legt das Gericht per Beschluss die berechtigten Erben und deren Anteile fest.

 

Rz. 130

Mit dem Erlass des Beschlusses über die Erbschaft wird das Nachlassverfahren abgeschlossen. Der Beschluss über die Erbschaft deklariert sowohl die Rechte als auch die Pflichten der Erben mit Wirkung zu dem Tage des Todes des Erblassers.[82]

 

Rz. 131

§ 203 FGG regelt eine Sonderform des Nachlassabschlusses, die der Vereinfachung des Nachlassverfahrens dienen soll. Stimmen alle Erben während des Hauptverfahrens vor dem Notar zu, erlässt dieser als Gerichtskommissar eine Bescheinigung über die Erbschaft. Diese Erbbescheinigung hat die Kraft einer Gerichtsentscheidung und damit dieselben Rechtswirkungen wie der oben angeführte Beschluss über die Erbschaft.

Der Notar kann die Bescheinigung über die Erbschaft in den folgenden Fällen, die im Zuge der Neufassung erweitert wurden, erlassen:

Die Erbschaft hat ein Alleinerbe erworben.
Die Erbschaft ist dem Staat zugefallen.
Die Erben haben die Erbschaft durch eine Vereinbarung auseinandergesetzt und etwaige Gläubiger wurden befriedigt.
Die Erben haben die überschuldete Erbschaft den Gläubigern des Erblassers zur Tilgung der Schulden überlassen.
Der Nachlass wird gemäß den Erbanteilen bestätigt, sofern es zu keiner Vereinbarung über die Nachlassaufteilung kommt, bzw. es wird entschieden, welcher Erbe was erwirbt, oder
im Falle, dass die Vereinbarung über die Nachlassaufteilung abgelehnt wird, wird die Erbschaft nach den Erbanteilen bestätigt.
[79] Smyčková et al, Civilný mimosporový poriadok – Komentár, S. 663.
[80] Števček et al, Civilné právo procesné, S. 410.
[81] Števček et al, Civilné právo procesné, S. 410.
[82] Števček et al, Civilné právo procesné, S. 413.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge