Entscheidungsstichwort (Thema)

Höhe der dem beigeordneten Rechtsanwalt in einem Verfahren über Grundsicherungsleistungen aus Prozesskostenhilfemitteln zu erstattenden Verfahrens- und Terminsgebühr

 

Orientierungssatz

1. Der durchschnittliche Umfang und die durchschnittliche Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit in einem Verfahren über die Gewährung von Grundsicherungsleistungen, dessen überdurchschnittlicher Bedeutung rechtfertigen bei deutlich unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnissen des Mandanten bei der Festsetzung der Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG deren Mittelgebühr in Höhe von 250.- €. .

2. Wurde der Rechtsstreit durch Gerichtsbescheid beendet, so dass ein Termin tatsächlich nicht stattgefunden hat, so ist dennoch eine fiktive Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG entstanden. Hinsichtlich deren Höhe ist auf den hypothetischen Aufwand abzustellen, der bei Durchführung eines Termins im konkreten Verfahrensstadium voraussichtlich entstanden wäre. Grundsätzlich ist bei deren Bemessung von der Mittelgebühr in Höhe von 200.- €. auszugehen.

 

Tenor

Auf die Erinnerung des Erinnerungsführers vom 18. Juni 2009 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 15. Juni 2009 - S 24 AS 272/05 - wird die aus der Staatskasse an den Erinnerungsführer zu gewährende Prozesskostenhilfevergütung endgültig auf einen Betrag in Höhe von 573,94 € festgesetzt.

Im Übrigen wird die Erinnerung zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Diese Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde an das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen anfechtbar.

 

Gründe

Der Erinnerungsführer macht als beigeordneter Rechtsanwalt einen Anspruch auf Festsetzung einer (höheren) Vergütung aus Prozesskostenhilfemitteln der Staatskasse für ein Klageverfahren vor dem Sozialgericht Lüneburg geltend, in dem um die Gewährung höherer Kosten für Unterkunft und Heizung nach den Bestimmungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II) gestritten wurde und das sich nach etwa zweijähriger Verfahrensdauer durch den Erlass eines Gerichtsbescheides erledigte. Der Erinnerungsführer begehrt im Wesentlichen die Gewährung einer höheren Verfahrens- und einer höheren (fiktiven) Terminsgebühr.

Die Erinnerung hat im tenorierten Umfang Erfolg; im Übrigen war sie zurückzuweisen.

Der beigeordnete Rechtsanwalt ist im Verfahren über die Festsetzung der Rechtsanwaltsvergütung aus Prozesskostenhilfemitteln (neben der Staatskasse) gemäß § 56 Abs. 1 S. 1 des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - (RVG)) erinnerungsbefugt (vgl. etwa Gerold/Schmidt - Müller-Rabe, RVG, § 56, Rdn. 6); das Rubrum war dementsprechend von Amts wegen zu berichtigen.

Die gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 15. Juni 2009 - S 24 AS 272/05 - erhobene Erinnerung ist gemäß § 56 Abs. 1 RVG zulässig und teilweise begründet.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat die aus der Staatskasse zu gewährende Prozesskostenhilfe zu Unrecht lediglich auf einen Gesamtbetrag in Höhe von 335,94 € festgesetzt. Die Kammer hält demgegenüber einen Gesamtvergütungsanspruch in Höhe eines Betrages von 573,94 € für angemessen. Dem kostenrechtlich angemessenen Gesamtvergütungsanspruch liegt dabei eine Verfahrensgebühr in Höhe eines Betrages von 250,00 € (dazu unter 1.) sowie eine Terminsgebühr in Höhe eines Betrages von 200,00 € (dazu unter 2.) zugrunde; die übrigen Positionen standen zwischen den Beteiligten nicht in Streit und sind auch nach Auffassung des Gerichts antragsgemäß festsetzbar (dazu unter 3.).

Rechtsgrundlage für den Vergütungsanspruch des Erinnerungsführers ist § 45 Abs. 1 RVG. Danach hat der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt in Verfahren vor Gerichten eines Landes Anspruch auf die gesetzliche Vergütung aus der Landeskasse. Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm nach allgemeiner Meinung auch im Anwendungsbereich des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ein gewisser Toleranzrahmen zusteht. Zwar gilt Satz 4 der Vorschrift nicht, wenn es sich - wie hier - um ein Verfahren handelt, in dem um die Höhe des Prozesskostenhilfevergütungsanspruches gestritten wird, weil die Staatskasse nicht Dritter, sondern Vergütungsschuldner ist. Dennoch findet zu ihren Gunsten eine Billigkeitskontrolle statt (Gerold/Schmidt - Müller-Rabe, RVG, § 55, Rdn. 29). Unbilligkeit liegt vor, w...

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