Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. prozessualer Kostenerstattungsanspruch eines nicht anwaltlich vertretenen Beteiligten. Dokumentenpauschale. Aktenversendungspauschale. Regelungsbereich von § 28 Abs 2 GKG

 

Leitsatz (amtlich)

Der prozessuale Kostenerstattungsanspruch (hier gem §§ 155 Abs 2, 162 VwGO iVm § 197a SGG) umfasst auch die vom Anspruchsinhaber im Verfahren verauslagte Aktenversendungspauschale gem Nr 9003 KV GKG (juris: GKVerz). § 28 Abs 2 GKG regelt demgegenüber allein das Verhältnis eines Beteiligten zur Staatskasse, nicht aber Ansprüche von Beteiligten untereinander (entgegen VG Regensburg vom 4.11.2014 - RN 4 M 14.1550 = ZfSch 2015, 289).

 

Orientierungssatz

Ein nicht durch einen Rechtsanwalt vertretener Beteiligter kann nur seine tatsächlich entstandenen Kosten für die Anfertigung von Kopien verlangen, nicht aber die Dokumentenpauschale nach Nr 7000 RVG-VV (vgl SG Fulda vom 4.4.2016 - S 4 SF 45/15 E).

 

Tenor

Der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27. November 2013 im Verfahren S 4 KR 175/13 wird insoweit aufgehoben, als durch ihn erstattungsfähige Kosten von mehr als 32,00 EUR festgesetzt werden. Im Übrigen wird die Erinnerung zurückgewiesen.

Von den Kosten des Erinnerungsverfahrens tragen die Erinnerungsführerin 1/4, die Erinnerungsgegnerin 3/4.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Kostenfestsetzung im zugrunde liegenden Ausgangsverfahren S 4 KR 175/13, das durch Klagerücknahme beendet wurde. Aufgrund § 155 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 197a SGG ist die Klägerin und nunmehrige Erinnerungsführerin daher verpflichtet, die außergerichtlichen Kosten der Beklagten und nunmehrigen Erinnerungsgegnerin zu tragen.

Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 30. Juli 2015 beantragte die Erinnerungsgegnerin, ihre außergerichtlichen Kosten wie folgt festzusetzen:

Auslagenpauschale, § 197a SGG, § 162 II 3 VwGO

20,00 EUR

Aktenübersendungskosten

12,00 EUR

Pauschale für die Überlassung und Herstellung von Dokumenten

42,25 EUR

74,25 EUR

Hiergegen wandte sich die Erinnerungsführerin dahingehend, dass die geltend gemachten Kopierkosten nicht erstattungsfähig seien, da sie mit den "allgemeinen Gebühren" abgegolten seien.

Die Urkundsbeamtin des Gerichts sah die geltend gemachte Dokumentenpauschale gem. Nr. 7000 VV RVG als gerechtfertigt an, stellte jedoch einen Additionsfehler in der Seitenzahlberechnung der Klägerin fest und setzte daher die von der Erinnerungsführerin an die Erinnerungsgegnerin zu zahlenden Kosten mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27. November 2015, der dem Bevollmächtigten der Erinnerungsführerin am 30. November 2015 zugestellt worden ist, auf

71,25 EUR

nebst Verzinsung fest.

Hiergegen wendet sich die Erinnerungsführerin mit Erinnerungsschrift ihre Bevollmächtigten vom 30. Dezember 2015, die am selben Tag bei dem SG Fulda eingegangen ist. Zur Begründung führt sie aus, dass die geltend gemachte Dokumentenpauschale mangels Rechtsgrundlage nicht verlangt werden könne. Im Übrigen bestehe auch unabhängig davon kein Anspruch auf Erstattung von Kopierkosten.

Zudem könne die Erinnerungsgegnerin die festgesetzte Aktenversendungspauschale nicht verlangen. Denn sie habe diese gem. § 28 Abs. 2 GKG alleine zu tragen. Damit sei die Kostentragungspflicht abschließend geregelt.

Die Erinnerungsführerin beantragt sinngemäß,

den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 18. August 2015 aufzuheben, soweit ein Kostenerstattungsbetrag von mehr als 20,00 EUR festgesetzt worden sei.

Die Erinnerungsgegnerin beantragt sinngemäß,

die Erinnerung zurückzuweisen.

Zur Begründung erläutert sie den Inhalt der kopierten Dokumente, deren Vervielfältigung notwendig gewesen sei, und hält an ihrer Auffassung fest, dass sie berechtigt sei, die Kostenpauschale gem. Nr. 7000 VV RVG geltend zu machen. Trotz gerichtlicher Aufforderung vom 1. März 2016 hat die Erinnerungsgegnerin zu ihren tatsächlich entstandenen Kosten für die Anfertigung der Kopien keine Stellung genommen.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die zulässige, insbesondere gem. § 197 Abs. 2 SGG fristgerecht erhobene Erinnerung ist nur teilweise begründet. Die Dokumentenpauschale gem. Nr. 7000 VV RVG ist zu Unrecht gegen die Erinnerungsführerin festgesetzt worden. Im Übrigen erweist sich der angegriffene Kostenfestsetzungsbeschluss als nicht zu beanstanden.

I. Soweit der Erinnerungsgegnerin wie hier ein prozessualer Kostenerstattungsanspruch zusteht, sind die ihr entstandenen außergerichtlichen Aufwendungen, soweit sie notwendig waren, zu ersetzen. Hierzu zählen auch Kopierkosten, was weithin außer Streit steht (s. etwa für das SGG Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG,

II. Aufl. 2014, § 197a Rn. 27, BeckOK SozR/Jungeblut,SGG § 197a [Stand: 2015] Rn. 37; für die VwGO Olbertz, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO § 162 [Stand 2005] Rn. 25; differenzierend für die ZPO Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 91 Rn. 13 Stichwort: Ablichtungen).

Allerdings steht der Erinnerungsgegnerin die geltend gemacht Dokumen...

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