Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Pflegeversicherung: Veröffentlichung einer Prüfungsbewertung über eine stationäre Pflegeeinrichtung. Anforderungen an die Qualität der Bewertung. Zulässigkeit eines Grundrechtseingriffs durch Veröffentlichung eines Transparenzberichts. Zulässigkeit subjektiver Werturteile als Bewertungsgrundlage

 

Orientierungssatz

1. Ein Transparenzbericht über die Qualität einer stationären Pflegeeinrichtung darf nur veröffentlicht werden, wenn sich die Bewertung und die ausgewiesene Gesamtbewertung allein auf Tatsachenfeststellungen gründen.

2. Weist ein Transparenzbericht über die Qualität einer stationären Pflegeeinrichtung die Bewertungen bestimmter Prüfungskriterien als Einzelnoten auf einer Notenskala aus, kann dies jedenfalls dann einen unzulässigen Eingriff in das Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit darstellen, wenn die Bildung der jeweiligen Bewertung und der Gesamtbewertung maßgeblich auf Basis eines subjektiven Werturteils der Prüfer erfolgt und damit den zulässigen Bereich marktrelevanter Informationen auf der Basis von Tatsachenfeststellungen verlässt. Für einen solchen Grundrechtseingriff stellt jedoch die Regelung in § 115 Abs. 1a Sätze 1 bis 4 SGB 11 keine ausreichende Rechtfertigung dar, da sie insoweit nicht ausreichend bestimmt die Eingriffsbefugnis regelt.

 

Tenor

Die Antragsgegner werden verpflichtet, die Veröffentlichung der Prüfungsbewertung für die von der Antragstellerin betriebene stationäre Pflegeeinrichtung C., zu unterlassen, bis über den zugrunde liegenden Unterlassungsanspruch bestands- oder rechtskräftig entschieden ist, längstens bis zum 31.10.2010.

Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin nicht verpflichtet ist, die Zusammenfassung der Ergebnisse der Qualitätsprüfung (Transparenzbericht) vom 03.11.2009 in der stationären Pflegeeinrichtung der Antragstellerin C. auszuhängen, bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren, längstens bis zum bis zum 31.10.2010.

Die Antragsgegner tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.

Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

 

Gründe

I.

Gegenstand des Antragsverfahrens ist die Frage, ob die Antragsgegner berechtigt sind, die für den 15.01.2010 angekündigte Veröffentlichung einer Prüfungsbewertung gemäß § 115 Abs. 1a Sozialgesetzbuch Elftes Buch, Soziale Pflegeversicherung (SGB XI) im Internet vorzunehmen sowie die Frage, ob die Antragstellerin verpflichtet ist, die Ergebnisse des Transparenzberichts in der vollstationären Einrichtung auszuhängen.

Die Antragstellerin ist Trägerin der stationären Pflegeeinrichtung C. mit 158 Pflegeplätzen. Die Antragsgegner sind die Landesverbände in A-Stadt.

Am 03.11.2009 führte der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) XY. eine Qualitätsprüfung durch, aufgrund derer der Prüfbericht vom 16.11.2009 erstellt wurde. Der MDK erstellt ferner einen vorläufigen Transparenzbericht mit folgenden Noten:

3,5 ausreichend: Pflege und medizinische Versorgung,

3,5 ausreichend: Umgang mit demenzkranken Bewohnern,

2,7 befriedigend: Soziale Betreuung und Alltagsgestaltung,

1,4 sehr gut: Wohnen, Verpflegung, Hauswirtschaft und Hygiene,

Gesamtergebnis: 3,0 befriedigend.

Mit Schreiben vom 27.11.2009 wurde der Antragstellerin im Rahmen eines schriftlichen Anhörungsverfahrens Gelegenheit gegeben, zu den im Prüfbericht festgestellten Mängeln bis zum 21.12.2009 Stellung zu nehmen. In dem Schreiben wurde auch der Erlass eines Maßnahmenbescheides gem. § 115 Abs. 2 SGB XI angekündigt. Mit Schreiben vom 18.12.2009 äußerte sich die Antragstellerin zu den im Prüfbericht aufgezeigten Mängeln. Schwerpunkt dieser Stellungnahme war die perspektivische Fortentwicklung der Einrichtung unter Vorlage eines Maßnahmeplanes.

Mit Schreiben vom 26.01.2010 erhob die Antragstellerin beim Antragsgegner zu 1 Widerspruch gegen den vorläufigen Transparenzbericht gem. § 115 Abs. 1a SGB XI. Des Weiteren beantragte die Antragstellerin, die Frist zur Stellungnahme über die vorgesehenen 28 Tage hinaus bis zum 02.03.2010 zu verlängern sowie die Veröffentlichung des Transparenzberichtes im Internet sowie die Verpflichtung der Antragstellerin, den Transparenzbericht öffentlich auszuhängen solange auszusetzen. Die Benotung der Einrichtung der Antragstellerin sei fehlerhaft, da der MDK eine Bewertung zugunsten der Prozessqualität vorgenommen habe, obwohl dies so in § 115 Abs. 1a SGB XI nicht vorgesehen sei, da nach dieser Vorschrift die Veröffentlichung vorrangig die tatsächliche Ergebnis- und Lebensqualität zum Inhalt haben solle. Die Frage der Wundversorgung sei lediglich in Bezug auf einen Bewohner geprüft worden. Damit erfolgte eine dreifache Bewertung bezogen auf ein- und denselben Sachverhalt. Dies werfe bereits die Frage auf, ob eine solche Sachverhaltskonstellation der Bewertung der Gesamteinrichtung im Rahmen der Transparenzkriterien zugrunde gelegt werden könne. Darüber hinaus habe der MDK bezüglich der Wundversorgung eine fachlich falsche Bewertung vorgenommen. Auch in Bezug auf Maßnahmen bei Einschr...

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