Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Eingliederungshilfe. Petö-Therapie. Leistung der medizinischen Rehabilitation. Ausschluss aufgrund der Nichtanerkennung als neues Heilmittel der gesetzlichen Krankenversicherung

 

Orientierungssatz

Die konduktive Förderung nach Petö (Petö-Therapie) ist als Leistung der medizinischen Rehabilitation iS des § 54 Abs 1 S 1 SGB 12 iVm § 26 SGB 9 einzuordnen, die jedoch nicht als neues Heilmittel durch die gesetzliche Krankenversicherung gem § 138 SGB 5 anerkannt ist, so dass aufgrund der Ausschlussklausel des § 54 Abs 1 S 2 SGB 12 keine Leistungen der Eingliederungshilfe gewährt werden können.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Kostenerstattung für eine Petö-Therapie.

Der Kläger ist 1998 geboren und leidet an einer schwerwiegenden Cerebralparese. Er wurde im Herbst 2004 eingeschult. Mit Antrag vom 16.04.2005 beantragte er eine Petö-Block-Therapie für den Monat August 2005 als Eingliederungshilfe im Rahmen seines Schulbesuchs in der behindertengerecht eingerichteten Gemeinschaftsschule H in M a. d. R. Der Antrag wurde mit Bescheid vom Mai 2005 abgelehnt. Der Widerspruch hiergegen blieb erfolglos.

Mit der am 23. August 2005 erhobenen Klage begehrt der Kläger die Übernahme der im Zeitraum vom 01. bis 26.08.2005 durchgeführten Petö-Therapie.

Hierbei handelt es sich um eine in Ungarn entwickelte Methode, welche insbesondere auf Entwicklungsstörungen im Kindesalter, wie sie bei dem Kläger vorliegen, zugeschnitten ist und die zwischenzeitlich nicht nur in Ungarn, sondern auch in anderen Ländern zur Anwendung gelangt. Dem Konzept liegt ein ganzheitlicher Behandlungsansatz zugrunde, der medizinisch-therapeutische, psychologische und pädagogische Elemente enthält. Ziel ist es, auf den motorischen Grundlagen des zu behandelnden Kindes aufbauend, eine Verbesserung der Mobilität, Motorik und kognitiven Fähigkeiten zu erreichen. Dabei finden in der Regel wöchentliche Behandlungen statt, die normalerweise etwa 2 x jährlich durch intensive Blocktherapiezeiten ergänzt werden.

Er ist der Ansicht, die Therapie sei im Rahmen der medizinischen Rehabilitation (Frühförderung einerseits und als Eingliederungshilfe zur Vorbereitung einer angemessenen Schulbildung andererseits dringend angezeigt. Für ihn als Integrationskind sei die Therapie zwingend erforderlich, um einen regelmäßigen Schulbesuch gewährleisten zu können. Insbesondere dient die Block-Therapie dazu, dass er seinen Stuhlgang selbst regulieren könne, was für den Schulbesuch wichtig sei.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 23.05.05 in Form des Widerspruchsbescheides vom 21.07.2005 zu verpflichten, dem Kläger Eingliederungshilfe in Form der Kostenübernahme für die konduktive Förderung nach Petö in dem Zentrum für Konduktive Therapie F, ... O, in Form der Durchführung einer Blocktherapie für den Zeitraum vom 01.08.2005 bis 26.08.2005 zu bewilligen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, die Petö-Therapie stelle keine heilpädagogische Maßnahme dar, sie sei eine Leistung der medizinischen Rehabilitation. Die Petö-Therapie gehöre als Heilmittel im Sinne des § 32 SGB V in den Bereich der medizinischen Versorgung und somit zu den Leistungen, die von den Krankenkassen grundsätzlich zu übernehmen seien. Da die Therapie jedoch nicht im Leistungskatalog der Krankenkassen enthalten sei, könne sie auch im Rahmen der Sozialhilfe nicht übernommen werden, denn der Leistungsträger sei an die Einordnung der Therapie durch die Krankenkassen gebunden. Sie sei eine nicht ärztliche Dienstleistung bzw. eine medizinische Leistung mit pädagogischen Mitteln. Eine Frühförderung komme für den Kläger zudem nicht in Betracht, weil er bereits eingeschult sei und die Frühförderung als System der Hilfe für behinderte oder von Behinderung bedrohter Kinder erstrecke sich lediglich auf den Zeitraum bis zum Eintrittswünsche.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im übrigen wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakte, sowie auf die Leistungsakte des Beklagten, die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig aber unbegründet.

Eine Kostenübernahme für die Petö-Therapie aus Mitteln der Sozialhilfe kommt mangels Anspruchsgrundlage nicht in Betracht. Leistungen der Eingliederungshilfe können nach § 54 des Zwölften Buches des Gesetzbuches (SGB XII) erbracht werden. Hierzu zählen insbesondere Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu (Abs. 1 Nr. 1), Hilfe zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf einschließlich des Besuches einer Hochschule (Nr. 2) und Hilfe zur Ausbildung für eine sonstige angemessene Tätigkeit (Nr. 3). Die Norm meint spezielle Ausbildungsbeihilfen, die auf die jeweilige Ausbildung oder Berufstätigkeit ausgerichtet sind. Eine Petö-Therapi...

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