Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermittlung der Wartezeit nach §§ 7 Absatz 2, 50 Absatz 1, 51 Absatz 1 und 4 SGB 6. Berücksichtigung ausländischer Beitragszeiten für Bürger von EU- und EWR-Mitgliedsstaaten nach Maßgabe der Vorschriften der VO 1408/71 EWG sowie aller gleichgestellten Zeiten

 

Orientierungssatz

1. Nach § 210 Absatz 1 Nr. 1 und Absatz 2 SGB 6 werden Versicherten Beiträge auf Antrag erstattet, die nicht versicherungspflichtig sind und die nicht das Recht zur freiwilligen Versicherung haben, wenn seit dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht 24 Kalendermonate abgelaufen sind und nicht erneut Versicherungspflicht eingetreten ist. Das Recht zur freiwilligen Versicherung besteht nicht, wenn die Wartezeit gemäß §§ 7 Absatz 2, 50 Absatz 1 SGB 6 nicht erfüllt ist.

2. Bei Ermittlung der Wartezeit werden auch ausländische Beitragszeiten für Bürger von EU- und EWR-Mitgliedsstaaten nach Maßgabe der Vorschriften der VO 1408/71 EWG berücksichtigt,  wenn diese nach den Rechtsvorschriften, nach denen sie zurückgelegt worden sind oder als zurückgelegt gelten, als Versicherungszeiten bestimmt sind. Berücksichtigt werden ferner alle gleichgestellten Zeiten, soweit sie nach den Rechtsvorschriften als den Versicherungszeiten gleichwertig anerkannt sind. Die Zeiten bescheinigt der ausländische Rentenversicherungsträger.

3. Die Bestimmung einer fiktiven Beitragszeit anhand der bescheinigten Beitragstrimester eines französischen Rentenversicherungsträgers ist nicht zulässig, wenn sich aus der Bescheinigung nur die für den Erwerb eines Anspruches auf eine französische Altersrente zur Verfügung stehenden Beitragstrimester in einem bestimmten Jahr  ergeben, jedoch eine genaue zeitliche Zuordnung nicht vorgenommen wurde. In der Angabe einer bestimmten Anzahl von Beitragstrimestern in Frankreich liegt keine zeitliche Zuordnung sondern lediglich eine Angabe über das dort erzielte Entgelt in dem bezeichneten Jahr. Das Beitragstrimester ist nur eine Berechnungseinheit für die Höhe der Rente.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 09.10.2012; Aktenzeichen B 5 R 54/11 R)

 

Tenor

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 15.04.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.10.2005 verurteilt, der Klägerin Beiträge nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu erstatten.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

 

Tatbestand

Im Streit ist ein Anspruch auf Beitragserstattung und insbesondere die Frage, in welchem Umfang in Frankreich zurückgelegte Beitragszeiten im Rahmen der Ermittlung der Wartezeit zu berücksichtigen sind.

Die am 21.06.19xx geborene Klägerin absolvierte ein Lehramtsstudium und war in der Zeit vom 01.10.1994 bis zum 31.05.1995 im Rahmen eines Auslandssemesters in Frankreich. In diesem Zeitraum übte sie als Fremdsprachenassistentin eine Unterrichtstätigkeit an einem Gymnasium in Evry 12 Stunden wöchentlich aus. Im Rahmen der Ausübung dieser Tätigkeit wurden für die Klägerin Versicherungsbeiträge zur staatlichen Rentenversicherung in Frankreich vom 01.10.1994 bis zum 01.06.1995 entrichtet.

Die Klägerin war vom 01.02.1998 bis zum 31.01.2000 als Referendarin tätig. Im Februar 2002 wurde für diese Zeit die Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung durch das Landesamt für Besoldung und Versorgung Nordrhein-Westfalen durchgeführt. In dem Zeitraum vom 01.02.2000 bis zum 12.02.2002 legte die Klägerin weitere 24 Monate Pflichtbeitragszeiten zurück, so dass insgesamt 48 Beitragsmonate in der Deutschen Rentenversicherung gespeichert sind. Anschließend war die Klägerin als Studienrätin zur Anstellung tätig und wurde mit Wirkung zum 13.02.2004 unter Verleihung der Eigenschaft einer Beamtin auf Lebenszeit zur Studienrätin ernannt.

Mit Schreiben vom 05.09.2004 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Rückerstattung der eingezahlten Beiträge. Am 20.09.2004 lehnte die Beklagte die Erstattung der Beiträge ab, weil bis zum 12.02.2002 Rentenversicherungspflicht bestanden habe. Auf den telefonischen Hinweis der Klägerin vom 24.09.2004, dass bereits zwei Jahre seit dem Ausscheiden aus der letzten versicherungspflichtigen Tätigkeit vergangen seien, sandte die Beklagte der Klägerin einen förmlichen Antrag auf Beitragserstattung zu, den die Klägerin am 22.11.2004 ausgefüllt bei der Beklagten einreichte. Aufgrund der Angabe der Klägerin, dass sie vom 01.10.1994 bis zum 31.05.1995 Beiträge zur staatlichen Rentenversicherung in Frankreich gezahlt habe, ermittelte die Beklagte unter Verwendung des Formblattes E 205 F die im Rahmen der staatlichen Rentenversicherung in Frankreich zu berücksichtigenden Trimester. Der französische Rentenversicherungsträger teilte am 30.03.2005 mit, dass bezogen auf das Jahr 1994 zwei Trimester und für 1995 drei Trimester vorliegen würden.

Weder für das Jahr 1994 noch für 1995 wurde eine kalendermäßig bestimmte Zeit angegeben.

Mit Bescheid vom 15.04.2005 lehnte die Beklagte den Antrag auf Beitragserstattung ab, weil die Klägerin ein Recht zur freiwilligen Versicherung in der deutschen...

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